donderdag 18 december 2025

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH Aus seinem Kommentar zur Haftoro des Schabbes Chanuckoh


Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH

              (1833 – 1900)

 

הפטרה שבת חנוכה

Aus dem Kommentar zur Haftoro des Schabbes Chanuckoh

 

Am Feste des vierten Chanuckoh, der Chanuckoh der Makkabäer,  bringt uns am Sabbath das Prophetenwort die dritte Chanuckoh, diejenige Serubabels, die Errichtung des zweiten Tempels in Erinnerung.

 Kap.2 V.14 u. 15 Weit über die Zeit des zweiten Tempels hinaus schauen diese Verse auf jenes Ziel der Geschichte hin, da Jissroél und die Völker durch Lehre und Geschick geläutert sind, und nunmehr durch die huldigende Unterordnung unter den Willen Gottes dem heilbringenden Einzuge der Gottesherrlichkeit in den Kreis der Menschheit die Bahn geebnet ist. Da wird nun der „Tochter Zijauns“, dem in Wahrheit vom Zijaunsgeiste beseelten menschheitspriesterlichen Jissroél verheißen, daß es auch in jener Zeit seine besondere Bedeutung bewahren, ja gerade dann in erhöhtem Maße sichtbare Stätte der segnenden Gottesnähe sein wird. – בא, in diesem Sinne von dem Einzuge Gottes in die Verhältnisse der Menschen, vergl. 5 B.M. 33,2: ה' מסיני בא ferner: Habakuk 3,3: אלה מתימז יבא וגו', Ps. 24,7: שאו וגו' ויבוא מלך הכבוד Jeruscholoim-Zijaun ist der Herzpunkt des Menschheitspriestervolkes, von dem die Erleuchtung und Heiligung der um ihn sich sammelnden Menschheit ausgehen wird.  

 V.16 ונחל ה' את יהודה חלקו: Juda, der führende Stamm, hier für ganz Jissroél. Was einst Moses erfleht: ונחלתנו; 2 B.M. 34,9, das wird dann erfüllt sein, Jissroél wird Gottes נחלה geworden sein, auch Jeruscholoims Leidensgeschichte ist vollendet: ובחר עוד בירושלים.

Kap. 3, V.1.  ויראני וגו'Zwei Männer sehen wir an der Spitze des Volkes, unter ihnen Beiden sollte ausgeführt werden: Josua, den Hohenpriester, den Vertreter des Geistes, der Lehre und des Gesetzes, und Serubabel, den Mann der Ausführung.  Der Augenblick, in welchem Sacharja sie schaute, lag noch vor dem Beginne des Werkes. Josua „stand“ noch, und auch vor Serubabel „türmte sich noch ein Berg“ (Kap. 4,7), er hatte wohl die Aufgabe, trug die Bestimmung, aber er war noch nicht thätig. Auch der Engel Gottes, der bestimmt war, Josuas Werk zu fördern, „stand gleichfalls noch“, war noch nicht tätig. Was war die Ursache ihrer Untätigkeit? Weil an Josuas „Rechten“, dem Organe seiner Wirksamkeit, noch ein „Hindernis“ war. Während das sich der Wirksamkeit Serubabels, des Fürsten, entgegenstellende Hindernis als „Berg“, das Bild für materielle Schwierigkeiten, bezeichnet wird, wird das Hemmnis der hohenpriesterlichen Wirksamkeit שטן genannt. שטן, verwandt mit שטה, abweichen, zur Seite weichen, bezeichnet das Hindernde, Widerstrebende als dasjenige das dem Menschen vom geraden Wege ab und auf einen andern hinlenkt. Die Weisen bezeichnen es als יצר הרע, die mit dem Geiste vermählte sinnliche Natur des Menschen. Diese erreicht die ihr vom Schöpfer gegebene Bestimmung nur, in dem sie vom Geiste beherrscht wird. Nach dem tiefen Worte des Weisen klagt sie dem Menschen an, der sich von ihr verführen läßt. Denn nicht ihn zu beherrschen, sondern von ihm beherrscht zu werden, ist ihr „Verlangen“ (תשוקתו, vergl. 1 B.M. 3,16 und 4,7). So bildet dieser שטן, diese Verkörperung der Sinnlichkeit, den geraden Gegensatz zu dem, was in anderen Vorstellungskreisen unter dem Worte „Satan“ verstanden wird. Also: die Sinnlichkeit, die, unbeherrscht, der Erreichung der hohen Menschenbestimmung hinderlich, und deren Vorhandensein gleichwohl für diese Lösung unumgänglich notwendig ist. Denn hätte das Böse nicht auch Reiz, so wäre die Übung des Guten keine Tugend – Demgemäß hier: Josua „stand“ noch, denn die Sinnlichkeit, die noch im Volke, ja in seinem eigenen Kreise herrschte, stand der Entfaltung seiner Tätigkeit hindernd im Wege.

(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 416- 422  Kommentar zu Secharjo Kap 2, V 14  

 

dinsdag 16 december 2025

Rabbiner Samson Raphael HIRSCH Aus seinem Kommentar zur Wochenabschnitt Mikéz

 


Rabbiner Samson Raphael HIRSCH

                          (1808-1888)

 

מקץ

 

Aus seinem Kommentar zur Wochenabschnitt Mikéz

 

Kap. 41 V.33 Und nun ersehe sich Pharao einen einsichtigen und weisen Mann und setze ihn über das Land Mizrajim.

 Kap. 41 V. 33 Während sonst in der Regel  der חכמה der  בינה vorangeht, steht hier bedeutsam   נבון וחכם. חכם  verwandt mit אגם: Aufnahme des Vorhandenen. Wer die Dinge nach ihrem Wesen und ihre Bestimmung kennt, ist ein חכם. Beides ist etwas Gegebenes, es hat der Mensch es nicht erst zu schaffen. Der ist aber der wahrste חכם, der die Erkenntnis des Wesens und der Bestimmung der Dinge von dem entnimmt, der den Dingen ihr Wesen und ihr Bestimmung gegeben hat. Deshalb ist חכמת התורה die höchste. – ,בין, בינה Einsicht, richtiger: Zwischensicht. – Einsicht, die Fähigkeit in das Wesen der Dinge an sich einzudringen, hat kein Sterblicher; – aber Zwischensicht, d.h. das aus dem Verhalten mindestens zweier gegebener Momente Resultierende zu erkennen, das folgende Urteil, das ist die zu der Erkenntnis des Gegebenen hinzukommende eigentliche Operation des menschlichen Geistes. Eigentümlich ist es nun, da gerade diejenige geistige Tätigkeit, die uns mehr passiv erscheint,חכמה , die Rezeptivität, aktiv ausgedrückt wird, ,חכם , חכמתי im Kal; und umgekehrt, diejenige Geistesoperation, in welcher wir am meisten selbsttätig erscheinen, die folgernde, produktive Tätigkeit, immer passiv ausgedrückt wird:נבונתי , נבון . Es dürften hier zwei wichtige Erinnerungen gegeben sein: Zur Aufnahme dessen, was in Natur und göttlicher Offenbarung über Wesen und Bestimmung der Dinge gegeben ist, gehört die volle Energie des Geistes, eine völlige Konzentrierung der Geisteskräfte, damit die ganze und die wahre Wirklichkeit erfasst werde. Energielos meint man gesehen, gehört, verstanden zu haben, und hat nur falsch gesehen, halb gehört, oberflächlich verstanden, und das Erfasste entfällt bald wieder. Umgekehrt hat der gewöhnliche Mensch mehr Freude an תבונה, an der folgernden, schließenden Tätigkeit, er sieht sich darin mehr produktiv, mehr sein Werk, und ist daher sehr zu warnen, nicht zu rasch, zu aktiv zu dieser Tätigkeit zu schreiten, sich beim Schließen mehr passiv zu erhalten, die beide Prämissen in sich so lange und so intensiv abzuspiegeln zu lassen, bis sich das Produkt, der Schluss, von selbst ergibt,  ehe man מבין wird, lange נבון zu bleiben; sonst ist der Schluss scharfsinnig, aber die Prämissen sind unwahr. Keiner mehr als der Scharfsinnige läuft Gefahr, falsche Urteile zu bilden. Daher auch die tiefen Sätze der Weisen: אם אין בינה אין דעת, אם אין דעת אין בינה.. Ohne theoretisches Wissen (בינה) bleibt das empirische (דעת) mangelhaft, denn eben die theoretische Wissenschaft muss vielfach das Empirische kontrollieren und berechtigen und Schein von Wirklichkeit unterscheiden lehren. Noch mehr aber bedarf das theoretische Wissen der Empirie. Denn ohne vollständige empirische Unterlage baut alle Theorie in die Luft. Es ist daher klar, warum gewöhnlich חכמה der תבונה vorangeht. Hier aber waren die gegebenen Verhältnisse völlig klar. Allein galt es zu ermitteln, was unter den gegebenen Umständen nun vorsorglich zu tun. Dazu war zuerst der נבון notwendig. Das aber durch בינה Ermittelte musste dann mit חכמה, d.h. mit gerechter Würdigung aller wirklichen Verhältnisse ausgeführt werden. Für die praktische Ausführung ist der חכם wichtiger als der נבון. Der Scharfsinnige nimmt leicht die Dinge anders als sie sind, und geht irre. Also: einen einsichtigen und weisen Mann suche sich Pharao und setze ihn über das Land, וישיתהו. שות ist mehr als הפקיד. In הפקיד erscheint der Eingesetzte mehr abhängig und untergeordnet, in שות mehr als Selbständiger. Die Zeiten werden so schwer, sich selbst überlassen wird das Land in den Jahren der Fülle gegebenen Mittel der Abhülfe unbenutzt lassen. Deshalb ist es notwendig, dem Lande einen „Vormund“, einen agrarischen Diktator zu geben, damit der Verbrauch in diesen Jahren nicht unbeschränkt bleibe.

 V.43 ließ ihn in den Wagen des Zweiten nach ihm ausfahren und sie riefen vor ihm her: Ich befehle, daß man kniee! Und damit setzte er ihn über das ganze Land Mizrajim.

 V.43 … Durch den Ring hatte er ich zu seinem „משנה“, seiner „Wiederholung“ seinem „alter ego“ gemacht, ließ ihn in dem diesen alter ego bestimmten Wagen ausfahren, und man rief vor ihm: אברך! Wörtlich: ich befehle daß man kniee! Vor der egyptischen Majestät rief man nicht ברכו! Knieet sondern: אברך: Ich – d.h. unter dem Volke erscheinende Majestät – befehle, daß ihr knieet. Dem wahren Fürsten ist nur die freiwillige Ehrerbietigung eine solche. Dem sultanischen ist die freiwillige Ehrerbietigung zu plebejisch gleichstellend und erniedrigend. Da wird zu huldigenden Ehrenbezeugungen, zum Gruß befohlen. Diese in Josefs Namen ausgerufene אברך, daß er befehlt, daß man vor ihm auf die Knie falle, das stellte ihn vollends als den zweiten Pharao dar.

 V.51 Josef nannte seinen Erstgeborenen Menascheh: denn es hat Gott mir mein ganzes Unglück und mein ganzes väterliches Haus zu Gläubigern gemacht.

 V.51 נשני übersetzt man gewöhnlich: Gott hat mich vergessen lassen all mein Unglück und mein ganzes väterliches Haus! Wem kehrt sich dabei das Herz nicht um? Josef nennt seinen Erstgeborenen danach, daß ihn Gott seinen alten Vater und seine ganze väterliche Familie habe vergessen lassen! Dadurch würde allerdings der Umstand, daß Josef sich so lange um seinen Vater nicht gekümmert auf die fasslichste Weise gelöst. Josef wäre einfach ein herzloser Mensch gewesen. Glücklicherweise ist „vergessen“ nicht die einzige Bedeutung von נשה,נשה  heißt auch „Gläubiger sein“ (siehe Kap. 32,33), und נשני kann ebenso heißen: Gott hat mir mein Unglück und meine Familie zu Gläubigern gemacht. Was mir bis jetzt als Unglück und Misshandlung erschienen, das hat Gott Werkzeug meines höchsten Glückes werden lassen, so daß ich meinem Glück und meiner Familie aufs tiefste verschuldet bin. Die Form נשני statt נשני ist nach beiden Auffassungen gleich schwierig und würde sich nur durch eine Wurzel נשש erklären lassen, die sonst nicht weiter vorkommt. – Beiläufig wird der Ausdruck עמל zu der Äußerung missbraucht: der Jude ist faul, Arbeit bedeutet ihm Unglück. Dem gegenüber denkt sich der Jude selbst sein Paradies nicht als ein dolce far niente, der jüdische Mensch ist selbst im Paradiese „zur Arbeit“ da, לעבדה ולשמרה! עמל ist aber nicht eine jede Arbeit, sondern nur eine mühevolle Arbeit ohne entsprechendes Resultat. Wenn uns „arbeitsamen“ Deutschen eine solche Arbeit eine Seligkeit wäre, was für eine Seligkeit müsste dann nicht „Mühseligkeit“ sein! Das עמל des einen erzeugt im mitfühlenden Nebenmenschen חמל. Es kommt auch als Unglück vor, das man andern bereiten will, und heißt dann in solcher Beziehung auch: Unrecht, allein in seiner ersten Bedeutung liegt das nicht.

 Kap.43 V.11 Da sprach Jissroél, ihr Vater, zu ihnen: Wenn dem so ist, was bleibt übrig! Thuet dies, nehmet von dem, dessen das Land sich rühmt, in euren Geräten und bringet dem Manne ein Geschenk: ein wenig Balsam, ein wenig Honig, Gewürze und Lotus, Pistacien und Mandeln.

 Kap.43 V.11 … Mit ungemeiner Feinheit hebt Jakob wiederholt das מעט hervor. Bei einem so großen Herrn wäre es eine Beleidigung, viel zu schenken, es soll ja nur Ausdruck einer Huldigung sein.

 V.14 Und Gott, der Allgenügende, gebe euch Erbarmen vor dem Manne, daß er euren anderen Bruder und Binjamin wieder fortlasse! Und ich – wenn ich denn der Kinder beraubt bin, so bin ich der Kinder beraubt.

 V.14 לפני האיש. Gehet nur hin, im Vertrauen auf den Allgenügenden, allem, und auch meinen Leiden zur rechten Zeit das Ziel setzenden Gott; in dem Momente der Gefahr, in dem Augenblicke, wo ihr euch לפני האיש befinden werdet, wird Gott euch Erbarmen zuwenden. – רחמים bezeichnet jene Zuneigung Gottes zu seinen Geschöpfen, die die allgemeinste und verlierbarste, und die ebenso den Grundzug im Verhältnisse der Geschöpfe zu einander bilden soll. Es ist die Verwandtenliebe, die Liebe zu einander um des gemeinsamen רחם willen, aus dem sie stammen. Man ist geneigt רחמים mit dem populären רחמנות zu verwechseln und doch ist Mitleid noch tief unter dem, was das wahre רחמים bedeutet. Was ist seltener, was adelt den Menschen mehr, Mitleid oder Mitfreude? Sehr wenige Menschen gibt es, die nicht mit dem Schmerzen des andern Mitleid empfinden. Allein bei weitem nicht alle, die heute einen Armen bemitleiden, werden sich in gleichem Maße mit ihm freuen, wenn er über Nacht das große Los gewinnt und morgen in einer Karosse mit den Seinen an ihn vorüberfährt. רחמים, das Gefühl, das wir ererbt haben sollen, bedeutet mehr als Mitleid. Es stammt von רחם, mit welchem die tiefste, aufopferungsreichste Energie eines Wesens für die Entstehung eines anderen Wesens, die Hingebung alles Blutes und aller Kraft, um ein anderes Wesen entstehen und sich vollenden zu sehen, bezeichnet wird; רחם ist der Herd der tiefsten Hingebung. Und auch nachher, wenn das Wesen da ist, entstammt dem רחם nicht bloß Mitleid mit dem Weinenden, sondern noch innigere Mitfreude mit dem Lächelnden. Ein Lächeln des Kindes auf dem Schosse entschädigt für jahrelangen Kummer und schlaflose Nächte. Von diesem רחם ist רחמים gebildet und leidet somit nicht nur mit dem andern, sondern ruht nicht, bis es ihn glücklich sieht. – …

 V.30 Es eilte aber Josef, – denn seine Gefühle waren zu seinem Bruder hin rege geworden, und er wollte weinen, – und er ging hinein in das Gemach und weinte dort.

 V.30 …Wahrscheinlich heißen davon die heidnische Pfaffen כמרים, im Gegensatz zu כהנים. Der jüdische כהן spekuliert nicht auf Andacht, Gefühle. Der jüdische Gottesdienst ist nicht darauf berechnet, dunkle Gefühle rege zu machen. Das jüdische Heiligtum wendet sich zuerst an den Verstand: התפלל, sein Urteil berichtigen, sich klar machen über alle seine Beziehungen und Obliegenheiten.

Gefühle sind ungemein billig. „Hat andächtig vor Gott geweint“ und steht auf – und ist um kein Haar besser als er gewesen! Darauf spekuliert der כמר, der heidnische Pfaffe. Der כהן aber soll selbst כן und andere מכין sein, feste Grundlage und Richtung geben. Im Heidentum wirkt man auf Empfindungen, um durch sie den Verstand zu fesseln. Empfindungen aber sind ein Uhrwerk ohne Weiser, eine „Unruhe“ die an sich nicht weiß woher, wohin, die man dann beliebig benutzen kann. Man macht die Hölle heiß oder fanatisiert das Gemüt; feiert seinen Triumph, wenn נכמרו מעין, die inneren Eingeweide der Gläubigen recht in Gährung kommen. – …

 V. 34 Er ließ von nun sich aus Teile ihnen zutragen, da war Binjamins Teil fünfmal größer als ihrer aller Teile; sie tranken und berauschten sich bei ihm.

 V. 34 חמש ידות. In dieser egyptischen Geschichte finden wir auffallend die Fünfzahl, wo wir immer im jüdischen Kreise die Siebenzahl erwarten; hier, bei der Vorstellung der Brüder, bei den Angaben. Es kann das tief in der verschiedenen Weltanschauung liegen. Fünf ist wohl aus zehn entstanden; zehn ist nach menschlicher Anschauung ein Ganzes. Nach heidnischer Anschauung ist die Welt uranfänglich ein Ganzes, Fertiges: Zehn. Nach jüdischer Anschauung ist sie noch nicht fertig, ist erst sieben, auf dem Wege zu zehn. Gott schafft sie noch immer fort wenn nicht physisch, so doch sozial. Die die Weltanschauung besingende Harfe, lehren die Weisen, hatte zuerst nur sieben Saiten, durch David war die Harmonie achtsaitig, und erst zuמשיח ’s Zeit wird sie mit zehn Saiten vollbesaitet werden. – …

 Kap. 44 V.5 Ist‘s nicht gerade der, aus welchem mein Herr zu trinken pflegt, und er, er hat einen Ahnungsglauben an ihn! Ihr habt schlecht gehandelt in dem, was ihr getan!

 Kap. 44, V.5 והוא נחש ינחש בו er hat einem Ahnungsglauben…

…Josef spricht als egyptischer Herr, als egyptischer Magnat, nicht als Sohn des Abrahamhauses. Je höher, je größer ein Mensch, ja wundergleicher sein Glück, um so mehr hängt er an ניחוש, um so abergläubischer wird er – man denke nur an Napoleon – er ist selbst von seinem Glücke überrascht. Der gewöhnliche Mensch hat noch manches beim Schicksal zu gute; allein wenn wir einmal soweit gekommen sind, daß wir uns sagen müssen, unserm ,צדקות unserm sittlichen Verdienste verdanken wir unser Glück nicht, dann schreiben wir es leicht übernatürlichen Umstände zu, und eben wegen der entsittlichenden Wirkung des ניחוש ist es verboten. Sobald wir aber glaube, wir könnten zu unserem Glücke noch etwas anderes tun, als brav sein, hätten uns noch vor etwas anderem als vor Schlechtigkeit zu fürchten, sofort sind wir in Gefahr, schlecht zu werden, unterlassen aus ניחוש entweder das Gute, oder tun etwas Schlechtes im Vertrauen auf ניחוש. Wir wägen dann unsere Handlungsweise gar nicht mehr auf der Wage des Gottesgesetzes, tun nicht mehr, was unsere Pflicht ist, weil wir glauben, etwas getan zu haben, wodurch wir ohnehin zum Ziel gelangen.

maandag 8 december 2025

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH Aus seinem Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Wajéschew

 


Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH

              (1833 – 1900)

 

הפטרה פרשת וישב

Aus seinem Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Wajéschew

 

Unsere Prophetenstelle schließt sich unmittelbar an die beiden vorhergehenden Versen gegebene Bezeichnung der Verirrungen und Zustände im Reiche Juda. Es wird die große Wahrheit in furchtbarer Eindringlichkeit gelehrt, daß eine Zerfällung des Gesetzes des allmächtigen Gottes in Pflichten gegen Gott und Pflichten gegen den Nebenmenschen auf dem Boden der jüdischen Wahrheit keine Stelle habe. Wer glaubt eine Auswahl treffen, und entweder dem fälschlich sogenannten spezifisch religiösen oder dem mehr sozialen Gebiete des Gesetzes mit Hinteransetzung des anderen erhöhte Bedeutung beimessen zu dürfen, der verlässt damit nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch den Boden des Gesetzes. Und zwar verlässt er ihn vollständig. Er gibt nicht nur den Teil preis, den er, sei es in vermeintlich „prinzipielle Überzeugung“ oder sans phrase in praktischer Betätigung verleugnet, sondern auch denjenigen Teil, dem er noch die Treue zu bewahren vermeint.

In Juda glaubte man, mehr die מצות שבין אדם למקום betonen und es dafür mit der strikten Erfüllung derמצות שבין אדם לחברו  nicht so nehmen zu dürfen. Der Tempel ragte, des Opferdienstes wurde gepflegt, die Tempelhallen waren gefüllt, Sabbat und Festtage wurden gefeiert und die Speise- und Reinheitsgesetze fanden sorgsame Beachtung. So schien es. In dem aufgeklärten, mit den Wahnvorstellungen der verschiedenen umwohnenden heidnischen Völker durchtränkten Jissroél war es umgekehrt. Dort hatte man in mehr oder minder bewusster Grundsätzlichkeit das spezifisch Jüdische abgestreift, den חקים, den Speise- und Reinheitsgesetzen in den herrschenden Kreisen hohnlachend den Rücken gekehrt, und nur die משפטים, die das bürgerliche Leben, das Verhalten des Menschen zum Nebenmenschen regelnden Gesetze im Prinzip aufrechtgehalten. Über beide Reiche, Juda wie Jissroél, verkündet das Prophetenwort in Namen Gottes den durch ihre Taten heraufbeschworenen Untergang. Und da ist’s nun so ungemein charakteristisch und für alle Zeiten lehrreich: Juda dem vermeintlich frommen, wird trotz seiner Opfer, seiner Gebete und seiner Sabbatfeier, der furchtbare Vorwurf entgegengeschleudert, daß „sie die Thora Gottes verachtet“ und seine חקים, gerade die Speise- und Reinheitsgesetze, nicht gehütet hätten!– Und Jissroél? Kein Wort des Vorwurfs wegen des verschmähten Tempels, wegen der entweihten Sabbat- und Festtage, wegen der nicht beachteten Speisegesetze. Wohl aber wird ihm ein Spiegel vorgehalten, aus dem ihm ein Nachtbild unsäglicher Verkommenheit, einer vollständigen Fäulnis aller rein menschlichen Verhältnisse in Staat und Familie entgegenstarrt. Erstorben alles Rechtsgefühl, erstorben alle Menschlichkeit, bis zur vollendeten Tierheit erstorben alle Scham (V.7). Der Habsucht der Grossen bietet eine feile Beamtenschaft bereitwillig die Hand mit Missbrauch der Formen des Rechtes zur Ausübung schnödester Gewalt gegen die wirtschaftlich Schwachen, und – zu all diesem Jammer spendet eine gesinnungs- und herzlose Geistlichkeit, die würdigen Diener einer Religion ihrer Mache, bereitwillig ihren Segen. Zerstörung des Staates, Entziehung all der Güter, deren Missbrauch zu dieser Entartung führte, war die einzige Rettung der „Jissroél-Familie“ (Kap. 3, 1) Während das Sidra-Wort uns die seinen Fäden der höheren Waltung zeigte, die den Zug der Jakobsfamilie ins ägyptischen Galuth vorbereiteten, auf daß sie dort in Leid zum Gottesvolke erstarke: eröffnet das Prophetenwort einen Einblick in die Verhältnisse, die die Wiederkehr der entarteten Jissroéls-familie zum Jakobsgeschick, ihre Hinausweisung ins Exil auf die lange bange Galuthwanderung durch die Jahrhunderte zur unausbleiblichen Folge haben, für deren Abwendung es nur die eine Möglichkeit gab, daß der Posaunenruf des drohenden Gottesgerichtes, der aus dem ernsten Mahnworte des Propheten ihnen entgegentönt; doch noch die Sperre ihres Herzens sprenge, sie ihrem besseren Selbst zurückgebe, und sie so zu aufrichtiger und dauernder Aufkehr zu Gott sich ermannen.

 Kap.3, 6 Wenn aber der Schofar in der Stadt erschallt, da hätte das Volk nicht zu erbeben? Wenn Unglück sich ereignet in der Stadt, da hätte es Gott nicht bereitet?

7. Denn mein Herr, der seine Liebe als Rechtswaltung offenbarende Gott tut nichts, er habe denn seinen Ratschluss offenbart seinen Dienern, den Propheten.

 8. Der Löwe hat gebrüllt – wer hätte nicht zu fürchten! Mein Herr, der seine Liebe als Rechtswaltung offenbarende Gott hat gesprochen – wer würde da nicht Prophet! –

 V.6 Wenn aber der warnende, mahnende Schauforruf Gottes in der Stadt ertönt, der Ruf des allmächtigen Gottes, der euer Geschick in Händen hat und der für euch als Folge der Schuld das Unglück festgesetzt hat, da könntet, dürftet ihr weiter ruhig in den Tag hinein leben, hättet nicht aus diesem Posaunenrufe das löwengewaltig euch drohende Geschick bebend zu erkennen und euch zur Verbesserung aufraffen? Und wenn des Schaufors Stimme unbeachtet verhallte und nun das Verhängnis über die Stadt hereingebrochen ist, mag dies nun in seiner äußeren Verwirklichung durch Feindesmacht, durch innere Zerrüttung oder durch Naturgewalten sich vollziehen: da bestände kein innerer Zusammenhang zwischen ihm und dem unbeachtet gebliebenen Gottesruf? Da wäre es ein bloßer Zufall, Raubgier der Feinde, oder physische Verhältnisse, und es wäre nicht Gott, der diese Verhältnisse gerade so gelenkt hätte, wie es der Vollstreckung seines Willens entsprach?

V.7 Denn das Prophetenwort ist der Schauforruf Gottes.

V.8 Nun, der ernste, mahnende und warnende Ruf des allmächtigen Gottes ist an euch gedrungen, wer hätte da nicht zu fürchten? Gott, und zwar אדני, der den Propheten sendet, und der vierbuchstabige Gottesname, der מדת הרחמים mit der Vokalisierung אלהים, מדת הדין vereinigt, der also den barmherzigen, stets zur Spende neuen Seins und neuer Kraft bereiten Gott als denjenigen bezeichnet, der diese seine Liebe im gegenwärtigen Augenblicke als waltende Gerechtigkeit offenbaren müsse – also ד' א' hat gesprochen – wer wäre jetzt nicht Prophet! Wer könnte jetzt nicht mit Bestimmtheit das Hereinbrechen unheilvoller Verhängnisse verkünden, wenn sein Wort unbeachtet bleibt!

 (Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 76-85  Kommentar zu Amos Kap 2, V6 bis  Kap 3, V.8) 

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH Aus seinem Kommentar zur Haftoro des Schabbes Chanuckoh

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH               (1833 – 1900)   הפטרה שבת חנוכה Aus dem Kommentar zur Haftoro des Schabbes Chanuckoh   ...