vrijdag 27 oktober 2023

Rabbiner Dr. Mendel Hirsch: aus seinem Kommentar zur Haftoro Lech Lecho

 


Rabbiner Mendel HIRSCH
szl

          (1833-1900)

 

לך לך

 

Von Abrahams Wirken bis zur heißersehnten Erlösung:

weltgeschichtlicher Sieg eines Prinzips

 

Aus seinem Kommentar zur Wochenabschnitt Lech Lecho:  Jesaja Kap.40,27-31 u. 41,1-16 (Auszug)

Die Parallele zwischen Jissroéls Geschick und Aufgabe und dem Siegeszuge seines großen  Ahnen Abraham hat dieses Prophetenwort in die Sidra bestimmen lassen. Die Isoliertheit inmitten einer ihn nicht begreifenden Welt; das lange Ausharren bis auch nur der allererste Anfang der Erfüllung der empfangenen Verheißung eintrat; das felsenfeste Vertrauen; der glorreiche Sieg über die siegestrunkenen Völkerkönige; der noch glorreichere, der in der Selbstvollendung und in der Gewinnung seines Kindes für die selbe Höhe von Moria‘s Gipfel durch die Jahrhunderte strahlt – sie sind das Vorbild der Bestimmung und des Geschickes seiner Kinder und des einstigen Sieges des von ihnen durch die Zeiten und die Völker getragenen Principes. Dieses Prinzip heißt: היה ברכה, das Streben, nicht gesegnet, sondern: selbst für Andere zum Segen zu werden, jene edle Humanität, die ohne jegliche nationale oder confessionelle Beschränkung kein höheres Glück kennt als, andere glücklich zu machen, wie dies aus dem Liebenswirken Abrahams so herrlich uns entgegenleuchtet. Diese echte, in abrahamitischem Sinne in Wahrheit „um Gottes Willen“ geübte selbstlose Liebe ist es, die zur Gerechtigkeit hinzukommen muss, um das wahre Menschenheil aufblühen zu lassen. Der Kampf und der endliche Sieg dieses Principes bildet den Inhalt der ganzen Weltgeschichte.

Kap.40, 27 Warum sagst du, Jakob, und behauptest, Jissroél: Gott ist mein Weg verborgen, und meinem Gotte entschwindet mein Recht! 

Jakob: nach der Geschickesstellung, Jissroél: nach der Bestimmung. In beiden Beziehungen, so zeichnet es das Prophetenwort, erblickt Jissroél die Wirklichkeit im Gegensatz zu seinen, wie es glaubt, berechtigten Erwartungen. דרכי:דרך  bedeutet im bildlichen Sinne in der Regel die individuelle sittliche Entwicklung des Menschen. Sowohl im Hinblick auf seinen Lebensweg, als auch auf die Siegesverheißung, die dem von ihm getragenen Lebensprincipe von Gott geworden, glaubt Jissroél sich in der Klage berechtigt, daß Gott sich von ihm abgewandt habe. Da in der Antwort V.28 nicht auf die Unwürdigkeit, sondern nur auf die Kurzsichtigkeit des also Klagenden hingewiesen wird, so ist es ein ernstes, auf dem Boden des Gottesgesetzes sich haltenden Geschlecht, dessen Mutlosigkeit hier entgegengetreten wird. Du glaubst, Gott sehe deine Lebensführung nicht, weil du trotz deiner Gesetzeserfüllung noch immer in der Jakobsstellung verharren, jedes nicht ganz verkümmerte Recht als Gnade hinnehmen musst, und du verzagst an dem endlichen Siege der Lehre von reinem Menschentum, von der Majestät des Rechtes und der Liebe, weil du überall nur den Triumph der Gewalt und die Anbetung des Erfolges erblickt? – תאמר: die ausführlichere, erklärende und begründete Darlegung, תדבר: der kurz bestimmte Ausspruch. Dein Geschick drängt dich von selbst zu eingehender Aussprache:תאמר. Dafür, daß das Morgenrot der allgemeinen Herrschaft des Rechtes und der Liebe noch nicht angebrochen, dazu bedarf es nur des kurzen Hinweises:תדבר.

 V.28 Hast Du es denn nicht erkannt, wenn du es nicht vernommen: Gott der Ewigkeit ist Gott, er schafft die Ende der Erde, er ermüdet nicht und er ermattet nicht, keine Ergründung giebt es seiner Einsicht.

 Aus deinem eigenen Dasein, aus der Tatsache deiner Erhaltung, sowie aus den Erfahrungen der Vergangenheit solltest du dir selbst die Antwort geben können. Gottes Plan, der Menschheits-Erziehungsplan, umfasst Jahrtausende, dein Auge aber erblickt nur eine kurze Spanne Zeit, und in dieser Zeit nur einen kleinen Raum und in diesem zeitlich und räumlich umschränkten winzig  kleinen Gebiete nur das Äußerliche, die Oberfläche, der zeitlichen Gestaltungen: Gott aber „schafft“ in jedem Augenblicke die „Enden der Erde“ – er überschaut in jedem Augenblick Alles und hat Alles in seiner Hand. Deshalb ist es so töricht, so vermessen, sich eine Einsicht in seinen Plan zuzutrauen oder zu wähnen, nach dem Ergebnis der eigenen, so menschlich beschränkten Erfahrung den jeweiligen Stand des Zeigers der Weltenuhr bestimmen zu können – אין חקר לתבונתו.

 29. Er gibt dem Ermüdeten Kraft, und dem der Kräfte baren will er Fülle und Stärke verleihen.

30. Mögen Knaben ermatten und ermüden, und Jünglinge anhaltend straucheln:

31. die auf Gott hoffen, erneuen stets die Kraft, Adlern gleich gewinnen sie Schwingen, sie eilen und ermüden nicht, sie schreiten dahin und werden nicht matt.

 V.29 – 31. Gottes Kraft erlahmet nie, von ihr spendet Er in jedem Augenblicke dem Ermatteten, daß ist deine eigene Erhaltung sprechendster Zeuge. Alles gegen Seinen Plan Ankämpfenden erweist sich, trotz allen zeitweiligen Scheines besonnen Ernstes und dauernder Stärke, in Wahrheit als knabenhaftes Unterfangen und verflackerndes Strohfeuer jugendlicher Thorheit; während קו, wörtlich: die rückhaltlos zu Gott Hinströmenden (vergl. יקיו המים אל מקום אחר) stets neue Kraft gewinnen, das „Unmögliche“ vollbringen, in ihrem scheinbar langsamen Dahinschreiten die einzigen „Eilenden“, rasch dem Ziele sich Nähernden sind und Ermattung nimmer kennen. Der Lohn der Pflichttat, lehren die Weisen, ist die Kraft und das frohe Aufstreben zur neuen Pflichttat.

 Kap.41, V.1 Höret schweigend mir zu, ihr meerfernen Lande, und die Staaten mögen ihre Kraft erneuen, mögen sie hintreten, dann mögen sie reden, lasst uns zusammen hintreten zum Gerichte!

 Kap. 41, V.1 ההרישו אלי אים: nicht an den kleinen Kreis einer von vornhinein gewonnenen gläubigen Gemeinde wendet sich das Gotteswort, sondern an seine Gegner inmitten der Gesamtmenschheit. Das Gotteswort geht der Kritik nicht aus dem Wege, es fordert sie heraus, en hat sie nicht zu fürchten, יחדו למשפט נקרבה, mit der überzeugenden, jeden Widerspruch lähmenden Kraft welthistorischer Tatsachen tritt es den Völkern entgegen.

 V.2 Wer hat erweckt aus dem Osten den, der mit jedem Schritte Ihn verkünden sollte durch Lebensgerechtigkeit? Er gab Völker vor ihn dahin und über Könige ließ Er ihn herrschen, jedoch sein Schwert ließ Er wie Staub sein, verwehtem Strohhalme gleich seinen Bogen!

 V.2 מי העיר ממזרח וגו': Abrahams Eintritt in die Geschichte wird so farbenprächtig wie charakteristisch als ein Sonnenaufgang am Nachthimmel der Menschheit bezeichnet. Während die verblendete Menschheit sich an den Ruhmeswagen eines Nimrod spannen ließ mit der Losung: העשה לנו שם, wir wollen uns einen Namen machen! ging Abrahams Leben in den Streben auf: יקראהו לרגלו, bei seinem Eintritt oder mit jedem Schritte seines Lebens verkündete er den dem Bewusstsein der Menschen entschwundenen Gott, nicht durch das Bekehrungswort des Missionärs, sondern durch das צדק seines tatenreichen und tatenfrohen Pflichtlebens. צדק ist ja jene Gestaltung des Tatenlebens, die jedem Wesen volle Befriedigung seiner Ansprüche zu gewähren weiß. Und weil er inmitten der Menschheit der Einzige war, der nicht sprach: נעשה לנו שם, der Einzige; der selbstlos, nicht gesegnet, sondern selbst ein Segen werden wollte, der der Machtvergötterung und Erfolganbetung die Huldigung des Rechtes und der Liebe entgegensetzte, der Einzige, der „dem Wege der anderen nicht betrat“: so gab Er, der inmitten der kriegerischen, jederzeit kampfgerüsteten Völker, „seinen Bogen wie verwehten Strohhalm und sein Schwert machtlos wie aus Staub sein ließ“ gleichwohl „Völker unter seine Machthoheit und ließ über Könige ihn herrschen“, und er zog als Sieger dahin durch die Völker und nahm ihre Huldigungen entgegen, deren „Weg er mit seinen Füssen nimmer betrat“. Das Prinzip aber das so mit dem Ahnen siegreich eintrat in die Geschichte, es wird von seinen Kindern durchgetragen und wird den einstigen dauernden Sieg erringen und der Menschheit, nach Überwindung, ja Zertrümmerung alles feindlich starr Widerstrebenden, die heißersehnte Erlösung in Wirklichkeit bringen.

 V.4 Wer hat es gethan und vollbracht, die Geschlechter berufend von Anfang an? Ich, Gott, bin der Erste und mit den Spätesten bin ich derselbe!

 V.4 Die ganze Weltgeschichte ist der Weg der Verwirklichung meines Plans. Ich bin und bleibe derselbe; Ich bin es, der Geschlecht nach Geschlecht beruft, auch die vom Wahne ihrer Selbstherrlichkeit Trunkenen werden in ihren Geschicken von mir geleitet, und stehen mit dem, was sie erstreben und vollbringen, und mit dem, was sie erleiden, im Dienste meiner Waltung.

 V.15 Siehe, ich habe dich zu einer scharfen neuen vielschneidigen Dreschwalze bestimmt, Berge wirst du wie Spreu dahingeben.

V.16 Du streust sie dahin, der Wind trägt sie fort und der Sturm lässt sie zerstieben – du aber jauchzest auf durch Gott, in dem Heiligen Jissroéls findest du deinen Ruhm!

 An dem Prinzipe des Rechtes und der Nächstenliebe und an der Lehre vom reinen Menschentume, deren Träger das inmitten der stolzen Staatengrößen „wurmgleich“ am Boden liegende und wie der Wurm den Fußtritten achtloser  wie hasserfüllter Gewalt wehrlos preisgegebene Jakobsvolk ist, werden „die Berge und die Hügel“, die auf das Gegenteil gegründeten großen und kleinen weltgeschichtlichen Staatengebilde zerschellen. Das Trümmerfeld der Geschichte, die Reihe der internationalen Kriege und die Aufeinanderfolge der inneren Umwälzungen bilden der tiefernsten Kommentar zu diesem Prophetenworte, wie die Tatsache der Erhaltung Jissroél die Gewähr bietet für die Erfüllung der Verheißung, die das Jissroél der Zukunft schaut, wie es in der Verwirklichung des durch das Gottesgesetz gezeichneten sittlichen Menschenideals seines einzigen und höchsten weltgeschichtlichen Ruhmes teilhaftig und froh wird.

(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 20-26  Kommentar zu Jesaja 41, Kap 40 u. 41) 

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