Rabbiner Samson Raphael HIRSCH
Commentar zu Psalm 147
Ps. 147.הללוי' Dieser Psalm will der jüdischen Gesamtheit in ihrem
Exilsgeschicke das Bewußtsein von ihrer dauernden und zukunftsichern Beziehung zu Gott und ihrer unverlierbaren
Heroldschaft des göttlichen Wortes
inmitten einer der Erkenntnis des Wahren und Rechten entbehrenden Menschheit
bringen. Die Gottesstiftung Jeruscholoim hat mit unserm Exil nicht ihre
Ende gefunden, sondern geht ihrer
einstigen großen Vollendung entgegen. Nicht nur für den Einzelschmerz, auch für
die nationalen Schmerzen hat Gott Balsam bereit, und wie jeder Stern im
Sternenheer des Himmels unter Gottesleitung steht, so kennt Gott jeden Sohn
seiner Zerstreuten und hat sein bewachendes und leitendes Auge auf ihn. Denn
wie die macht- und glanzlose Erscheinung dieses zerstreuten Volkes in ihrer
Bescheidenheit den andern macht- und kraftgerüsteten Völker gegenüber auch in
den Schatten tritt, so sind doch die Güter, deren Besitz den Stolz der Völker ausmacht und
deren Entbehrung Jissroéls Erniedrigung ganz vor den Menschen bewirkt, nicht
diejenigen Güter, in welchen Gott Bausteine für seine Heileszwecke auf Erden
erblickt, sondern es sind eben die geistigen und sittlichen Güter, welche
Jissroél in seinem Exilsgeschicke zu
pflegen und zu bewähren hat, und es ist vor allem ein Gut, für dessen vollen Verwirklichung
Jeruscholoim-Zijaun einst wieder ersteht, es ist das Gesetz, dessen einziger
Depositär Jissroél ist und bleibt, das Gesetz, durch welches Gottes Wort durch
freie Anerkennung und Huldigung also zur
beherrschenden Gestaltung aller Verhältnisse der Menschenwelt auf der Basis der
Wahrheit, der Sittlichkeit und des Rechts gelangen soll, wie dasselbe bereits
seit der Schöpfung und noch vor unseren Augen mit unwandelbarer Allmacht in der
Gestaltungen der natürlichen Welt herrscht. In jedem Wesen, in jedem Elemente,
in jedem Stoff, in jeder Kraft sehen wir Gottes Gesetzt wirken, und nur das ist
des Menschen Hoheit, daß das Gottesgesetz, das in allen übrigen Wesen mit
zwingender Nötigung waltet, an dessen
Vernehmung mit Vernunft begabten Menschen zum Ausspruch kam, auf daß
er es frei als das Gesetz seiner
Bestimmung aufnehme, mit freien Gehorsam es erfülle, und so mit gehobenem
Haupte als der freie Diener des Gesetzes seines Schöpfers und Herrn sich
bewähre, dem alle übrigen Wesen auf Erde in unbewußtem, unfreiem Zuge folgen. Zur Veranschaulichung
dieses in der Natur waltenden und
wirkende Gottesgesetzes und des ihm von allen Wesen gezollten rückhaltlosen
Geschöpfesgehorsams hebt unser Psalm das
Wasser hervor, und zeigt an seinen sichtbaren Wandlungen den Gehorsam, mit
welchem es den Gesetzeswillen seines Schöpfers als Schnee, als Reif, als Hagel,
als Eis und dann wieder als Wasser sich fügt, um daran den Ausspruch zu
knüpfen, das ist Derselben der sein in aller äußeren Mannigfaltigkeit innerlich
einheitliches Wort (כתיב: דבריו :קרי , דברו) an Jaakob, seine Gesetze
und Rechtsordnungen an Jissroél
offenbarte.
„ Jissroéls Gebete übersetzt und erläutert“ S. 86-89
Frankfurt a. M. Verlag von J. Kauffmann 1916
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