woensdag 13 december 2023

Rabbiner Dr. Raphael BREUER: Der erste Jude an der Spitze eines nichtjüdischen Staatswesens

 


Rabbiner Dr. Raphael BREUER

            (1881-1932)

 

Der erste Jude an der Spitze eines nichtjüdischen Staatswesens

 

Der erste Jude, der an die Spitze eines nichtjüdischen Staatswens berufen wurde, war Josef. Und wie groß waren die Ehrungen, die nach außen hin seine ragende Stellung dem Bewußtsein des Volkes einprägen sollten! Der Ring von Pharaos Hand, die Byssus-Gewänder, die goldene Kette, der Staatswagen, die Bürgerpflicht des Hinknieens, wenn sich Josef zeigte – wie ein allmächtiger Despot schaltete und waltete der Jude im nichtjüdischen Ägypterstaat.

Wie kam’s, daß Josef niemals antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt war? Was war der Grund, daß das Ägyptervolk niemals aufbegehrte: Wir lassen uns von diesem Juden nicht regieren?  Aber vielleicht blieb er gar nicht so unangefochten, wie wir voraussetzen. Doch nein, die heilige Schrift hat es nicht unterlassen von antisemitischen Regungen in den Tagen Josefs so offenherzig zu berichtten, wie sie von der antisemitischen Zeit nach Josefs Tod und nach dem Aufkommen einer Generation, die von Josef nichts wußte, die ägyptische Judenfeindschaft entstanden wäre. Es steht darum wohl fest, daß Josef selbst unter Judenfeindschaft nicht zu leiden hatte. Das muß doch seine Gründe haben.

Oberflächliche Bibelleser könnten aus der Tatsache, daß Josef als Staatsmann einen anderen Namen (Zofas Paneach) trug und eine Ägypterin (Osnas) heimführte; allerhand üble Vermutungen schöpfen und in Josefs unangefochtenem Glück das Ergebnis wohlgelungenen Assimilantentums erkennen. Nun aber hat Josef in Wirklichkeit nichts unternommen, was irgendwie als Verstecken seiner Abstammung, seines Gottesglaubens, seines Judentums gedeutet werden könnte. Den Namen Zofnas Paneach hat nicht er sich selbst, sondern hat ihm Pharao gegeben. Auch darf man auf Grund des Midrasch annehmen daß Zofnas kein Eigenname, sondern, wie Pharao, ein ägyptischer Titel ist, den der König Josef im Augenblick seines Amtsantritts verlieh. Die Ehe mit Osnas ist nicht das, was man heute unter einer Mischehe versteht. Osnas ist als Josefs Gattin zugleich in eine Bekenntnis- und Geistesgemeinschaft mit ihm eingegangen. Darauf deutet wohl auch die scharfe Betonung der Bibel hin, daß Menasche und Efraim, die wir noch heute unseren Kindern als Vorbilder hinstellen, von eben dieser Osnas, die einer ägyptischen Priesterfamilie entstammte, geboren wurden und in ihr eine ihnen und ihrem Vater ebenbürtige Mutter besaßen. Auch die Midraschüberlieferung, die in Osnas die Tochter Dinas sieht, zeigt unverkennbar die Tendenz, der Ehe Josefs jeden Schein eines als Entfremdung vom Judentum mißdeutbaren Charakterzuges zu nehmen.

Nein, Josef  hat  auch als ägyptischer Staatsmann den Geist seines Vaterhauses nicht verleugnet. Fast in jedem Satze, den er zu Pharao spricht, spricht er von Gott. „Das steht nicht bei mir, Gott wird es eröffnet, was den Pharao frommt.“ „Was Gott tun will hat er den Pharao sehen lassen.“ „Festbeschlossen ist die Sache von Gott, und Gott wird eilen, sie zu vollführen“. Dieses mutige Bekennen Gottes vor dem Königsthrone hat ihn gegen jeden feindlichen Angriff gefeit, weil es ihn auf eine Höhe hob, zu der Pharao und sein Volk staunend emporschauten. Und Pharao sprach zu seinen Dienern: Wird wohl gefunden werden ein Mann wie dieser, in dem der Geist Gottes ist?

Ein weiterer Grund, warum das ägyptische Volk, ohne zu murren, von einem jüdischen Staatsmann sich regieren ließ, dürfte in der Tatsache gefunden werden, daß Josef zu seinem Amte nicht drängte, sondern wartete, bis man ihn rief. Sehr belehrend sind die Ausführungen des Midrasch Tanchuma zur Stelle. Da wird zur Bekräftigung der Erfahrungsregel, daß „Gerechte aus bescheidener Niedrigkeit zur Höhe aufsteigen“, auf Chananja, Mischael, Asarja, Daniel, Mordechai und – Josef verwiesen. Sie alle haben bescheiden in der Dunkelheit gewartet, bis man sie zu leuchtender Hoheit berief. Sie alle kannten die Welt und wußten, daß sie – Juden waren.

Das Recht sich vorzudrängen haben auch Juden, so gut wie Nichtjuden. Die Logik steht auf unserer Seite, doch nicht die Psychologie. Als Psychologen sollten wir alle wissen, daß die Welt noch nicht so weit ist, um den Anspruch des Juden auf eine wirklich durchgeführte Rechtsgleichheit anders dann als jüdische Anmaßung zu bewerten. Und auch das andere sollten wir stets bedenken. Josef stand vor Pharao und seinen Dienern da als der Mann, in dem der Geist Gottes ist. Nicht als Stammesfremder, als Gottesmann stach er ihnen in die Augen.  Was hilft es uns, wenn wir immerfort betonen, nur in ihrem Glauben unterscheiden sich jüdische Regierungsmänner von ihren nichtjüdischen Kollegen. Das glaubt uns kein Mensch, solange dieser Glaube wohl standesamtlich registriert ist, aber nicht als lebendige Wahrheit dem allgemeinen Bewußtsein sich aufdrängt. Unsere deutschen Staatsbürger jüdischen  Unglaubens haben mit ihrem Unglauben sehr viel dazu beigetragen, daß unsere nichtjüdische Mitbürger das Judentum mit allen möglichen Dingen, wie jüdische Rasse, jüdische Nation etc. identifizieren, nur nicht mit dem jüdischen Glauben, den sie nur selten wahrnehmen und am allerwenigsten dort, wo ihnen die Juden auf die Nerven fallen.

R.B.

 

Erschienen in דרש טוב לעמו Jüdische Monatshefte  Jahrgang 6 Heft 1 u.2 Januar- Februar 1919, Schewat-  Adar  5699 S. 10-12

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