Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH
(1833 – 1900)
הפטרת פרשת שמיני
Aus dem Kommentar zur Haftoro des
Wochenabschnittes Schemini
Samuel II, Kap. 6, Vers 1 und
folgende
Die Geschichte der Einweihung des Zusammenkunftsbestimmungszeltes unter der sichtbaren Bekundung der Gottesnähe in Jissroél fügt das Prophetenwort der Haftora die Erzählung des ersten Einzuges der Bundeslade Gottes in Jerusalem an. Ein Moment der einen tiefen Einblick und einen weiten Ausblick in die jüdische Geschichte eröffnet. Das Zelt, das an jenem „achten“ Tage zum achten „Male von Moses errichtet worden war, befand sich noch in Gibeon. Ein von David in der Davidstadt provisorisch errichtetes Zelt harrte vor der Bundeslade. Siegreich war aus dem Philistäerlande die nunmehr in Jerusalem einziehende Bundeslade heimgekehrt, nachdem sie von Schiloh aus, da Jissroél sich des Gottesschutzes unwürdig gezeigt hatte, in Feindes Hand gefallen war. In den Trümmern des Götzen und in den Heimsuchungen der Feinde hatte sich die Hoheit des von ihr umschlossenen Wortes und die Allmacht der Gotteshand den zitternden Philistäern offenbart. Der Freiheit wiedergegeben, hatte sie ohne Menschen-Zutun ihren Weg zurückgenommen in das jüdische Land. Nach vorübergehendem Weilen in Beth-Schemesch hatte sie Stätte gefunden in dem mit dem hier genannten Baale Jehuda identischen Kirjath Jearim (Sam.I. 6,20 f. 7,1). Die Wirkenszeit des hehren Samuel, die Regierung Sauls lagen zurück, die auf seinen Tod folgenden Erschütterungen hatten ihre Ende erreicht, und nach außen herrschte tiefste Ruhe: „Gott hatte die Furcht vor ihm auf alle Völker gegeben“ (Chron. I. 14,17), als David den Entschluß fasste, die Bundeslade in der Davidstadt zu überführen, wo er für sie ein Zelt aufgeschlagen hatte. – Doch nicht ohne ernste Mahnung an die Hoheit des Gesetzes sollte die Überführung nach Jerusalem erfolgen. So wie der Tod der beiden Priesterjünglinge am ersten Einweihungstage die ewige Mahnung sein sollte, daß nur Gehorsam und kein Priesterwillkür, auch nicht in bester, Gott dienender Absicht, so vergegenwärtigte die selbige Hoheit die Leiche Usa’s, der in einem Augenblick der Selbstvergessenheit gewähnt hatte, die Lade halten zu müssen, und, wenn auch in guter Absicht, die Ehrfurcht vor Dem verletzt hatte, dessen Wort die Lade barg. Sein Tod hatte das בקרובי אקדש (3 B.M. 9,3) David in furchtbarer Eindringlichkeit in die Seele gerufen. Niemand war weiter als er von jeglicher Selbstüberschätzung entfernt. Er zagte, er zweifelte an seiner Würdigkeit. Er hatte um so mehr Grund zu zagen, als ja der Entschluß, die Bundeslade in „die Davidstadt“ zu bringen, seiner eigenen Initiative entsprungen und nicht etwa die Ausführung eines ihm gewordenen göttlichen Auftrages. Erst der in dem Gedeihen Obed Edoms sich zeigenden Gottessegen beruhigte ihn. Hatte er ja doch auch schon durch sein vorhergehendes Zagen es an den Tag gelegt, wie sehr er von dem Gefühle der Verantwortung durchdrungen sei, die die Nähe der Bundeslade ihrer Umgebung bringe. Dieses Bewußstein, daß er nur erster und verantwortlicher Diener dieses Gesetzes sein daß er seine Königsmacht nur für dessen Verwirklichung einzusetzen und seine Würde nur in der Erfüllung dieser Aufgabe zu finden habe, tritt in seiner ganzen Haltung bei der Überführung hervor. Gerade was Michal, der stolzen Königstochter, mißfiel, gerade das gab ihm das Gepräge des jüdischen Königs nach dem Idealbilde des Königsgesetzes (5 B.M. 17,14 ff.) In diesem Sinne hatte er das kleine Ephod angelegt, als Wehr und Waffen des jüdischen Königs, es war die Rüstung für die Verwirklichung des Gottesgesetzes, es war das Gelöbnis, alle seine Kräfte in den Dienst dieser Aufgabe zu stellen. Dasselbe Gelöbnis sprach die ganze Reihe der nach jeder Zurücklegung von sechs Schritten auf dem ganzen Wege sich wiederholenden Opfer aus, die Weihe der Tatkraft (שור) und die vertrauensvolle Geschickeshingebung an die Gottesführung (מריא). Auch daß diese Gelübde gerade nach jeder Sechszahl von Schritten im Thatsymbol ausgesprochen wurde, ist nicht bedeutungslos. (Vergl. Über die Bedeutung der Sechs- und Siebenzahl in der Symbolsprache des Gottesgesetzes: Grundlinien einer jüdischen Symbolik, Jeschurun: V. S.18ff.)
Derselbe tiefe Ernst spricht auch in dem Unterschiede aus, der den Zug von dem Hause Obed Edoms nach Jerusalem von demjenigen aus Kirjiath Jearim bis nach Perez Usa charakteristisch scheidet. An die Stelle des משחקים (V.5) war תרועה, an die Stelle der Pauken und Schellen (V.5) war der Schofar, der den ernsten Gottesruf an Jissroél zur ewigen Sinaihöhe seiner Jissroélbestimmung vergegenwärtigende Schofarruf getreten. Nur auf den Boden dieses Ernstes und dieser tiefen gottesfürchtigen Erregung quoll jenes beglückenden Hochgefühl und jene Freude, die in dem von David ausgesagten מפזז ומכרכר ihren Ausdruck fand. Aus dem ausführlicheren Bericht in Chron. I, 15 11-16 tritt der Unterschied noch mehr hervor. Die Stammeshäupter der Priester und Leviten werden von David berufen, ויתקדשו, heiß es daselbst, sie hatten sich auf dem großen Moment vorzubereiten. Dann erst „trugen die Söhne der Leviten die Lade Gottes, so wie es Moses nach dem Worte Gottes geboten hatte, auf ihrer Schulter an den Stangen, die auf ihnen ruhten“. Nachdem sodann die ganze Ordnung des Zuges beschrieben, die in ihre Ordnungen als Sänger, Musiker und Wächter eingeteilten Levitenfamilien und unter diesen auch der Levite Obed-Edom an der ihm gebührende Stelle, und die Priester mit den Posaunen voranschreitend, heißt es am Schlusse V.28, da die innige Beteiligung des ganzen Volkes hervorgehoben und die Klänge des Festjubels nach den Instrumenten zusammenfassend geschildert werden, zuerst und vor allem: „Ganz Jissroél führte die Lade des Gottesbundes בתרועה ובקול שופר in tiefer Erregung und Schofartöne hinauf“, und dann wird der Posaunen und der anderen Instrumenten gedacht. –
Den weiteren Ausblick in die ferne Zukunft eröffnet
sodann die David in Veranlassung des von ihm beabsichtigten Tempelbaus gegebene
Zusicherung der bis in die Ewigkeit reichenden Erhaltung und Bedeutung seines
Hauses.
(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 196 -197 Kommentar zu Samuel II Kap. 6 V.1…)
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