dinsdag 2 april 2024

Rabbiner Samson Raphael HIRSCH Aus seinem Kommentar zur Wochenabschnitt Schemini

 


Rabbiner Samson Raphael HIRSCH

                            (1808-1888)

 

SCHEMINI-  שמיני

 

Kap.9 V.1 Und es war am achten Tage, da hatte Mosche Aharon und seine Söhne und die Ältesten Jissroéls gerufen.

Kap.9 V.1 ויהי ביום השמיני Wir haben bereits in Jeschurun, Jahrgang V, S. 14 f. im Artikel מילה die Bedeutung eines achten Tages nach zurückgelegten sieben Tage erläutert.  Wir sagten uns, daß durch ein solches Zählen von sieben Tagen ein bisheriger Zustand völlig abgeschlossen wird, und mit  dem achten Tage ein neuer Anfang und zwar auf  erhöhter Stufe, gleichsam die „Oktave“ beginnt. Auch hier ist mit den vor dem Eingang zum Heiligtum zugebrachten sieben Tagen der Zustand bloß individueller privater Lebensbedeutung der zum Priesterdienst Bestimmten abgeschlossen, und mit dem achten Tage treten sie in den neuen, erhöhten Charakter einer Gott und der Nation hörigen Lebensweihe ein.

 VV 3 u. 4 Und zu Jissroéls Söhne sprich: Nehmet einen Ziegenbock zum Entzündigungsopfer und ein Kalb und ein Schaf, einjährig, in ihrer Ganzheit, zum Emporopfer.

4. Und einen Ochsen und einen Widder zum Friedensopfer, Mahlopfer vor Gott zu vollziehen, und eine mit Öl durchrührte Hüldigungsgabe; denn heute erscheint euch Gott.

 VV 3 u. 4 Das Opfer der Nation bildet zwei Gruppen: שעיר לחטאת ועגל וכבש לעולה und שור ואיל לשלמים ומנחה בלולה בשמן; jene: Ausdruck ihrer Stellung gegen Gott, diese: ihre Stellung als Volk in Mitte der Völker. Gott gegenüber gelobt die Nation mit demשעיר עזים לחטאת , starr gegen jede Verlockung durch Fremde, folgsam und treu auf dem Standpunkt auszuharren, den ihr ihr einziger Lebenshirte angewiesen; und mit dem עגל וכבש בני שנה לעולה  in ewiger Jugendfrische und jugendlicher Leitsamkeit mit ihrem Tatenleben und Geschickesdasein sich mit voller männlichen Energie der Emporführung des einzigen Leiters ihrer Taten und Lenkers ihrer Geschicke zu dem in seinem Gesetze gezeichneten Höheziele hinzugeben. Mit dem שור ואיל לשלמים לזבח לפני ד' spricht sie aber froh und freudig die mit jener treuen Festigkeit und energievollen Hingebung in Mitte der Völker zum gewinnende bedeutsame Stellung aus. Das ewig jugendliche עגל vor Gott wird zum männlichen שור mit dem Wirken seines Tatenlebens den Völker gegenüber, und das seinem einzigen Hirten folgende כבש zu dem in Vollkraft der Völkerherde wegweisend voranschreitenden איל. Dieser freudig beglückenden Seite des jüdischen volkgeschichtlichen Berufes wird Jissroél sich im Nationalfriedensmahl vor Gott froh bewusst, und legt in מנחה בלולה בשמן, in seinem mit ‚Öl getränkten Mehle“, mit dem Zeichen seiner von Ihm mit Wohlstand gesegneten Existenz, den Tribut der  Huldigung auf den Altar seines Gesetzes nieder. … ….

Steht auch diese Volksopfer in einer Beziehung zu der עגל- Verirrung, so gelobt das Volk mit dem שעיר עזים im חטאת fortan sich nie wieder von einem ערב רב zum       Abfall von Gott und seinem Gesetze verleiten zu lassen, vollzieht im -עגל Opfer des עולה und im שור des שלמים wie bereits bei Aharons Opfer (V.2) angedeutet, direkt die Sühne der Verirrung des עגל, das, wie in ת"כ z.St. bemerkt, dem Volke nicht nur עגל nach der Absicht Aharons geblieben war sondern zum selbständigen שור erhaben worden, und gelobt  in כבש des עולה und im איל des שלמים, sein ferners Geschick in voller Hingebung zu Gott, seinem einzigen „Hirten“, für alle Gänge durch die Zeiten anheim zu geben, und in dieser selbstlosen Hingebung, als  Führer der Menschenherde zu Gott, männlich und kraftfroh voranzuschreiten und sein „Mehl und sein Öl“, seine Existenz und sein Wohlbefinden, keinem anderen als Gott, dem einen Einzigen,  unvermittelt und ausschließlich huldigend verdanken zu wollen.

 Kap. 10, V.1 Da nahmen Aharons Söhne, Nadab und Abihu, jeder seine Pfanne, gaben Feuer in sie und legten darauf Räucherwerk; und brachten vor Gott fremdes Feuer nahe, das Er ihnen nicht geboten hatte.

 

Kap. 10, V.1 … קטרת war das einzige Opfer, das nie, weder von der Gesamtheit, noch vom einzelnen als נדבה dargebracht werden dürfte, dessen Darbringung vielmehr ausschließlich auf das, der Gesamtheit täglich und dem כה"ג am י"כ, Vorgeschriebene beschränkt bleiben sollte (Menachoth 50a.b.). Glauben wir doch im קטרת den Ausdruck des gänzlichen Aufgehens in Gottes Wohlgefallen, des gänzlichen Aufgehens in ריח ניחוח לד' erkennen zu dürfen (siehe 2 B.M. 30 f. und 34 f.), ein Gedanke, der als von Gott vorgestecktes Ziel das Ideal seiner Anforderungen vergegenwärtigt, der aber aus eigener Wahl zum Ausdruck gebracht, als נדבה, die höchste Anmaßung in sich schlösse. Mehr als alles andere hebt aber das göttliche Wort an dieser so verhängnisvollen Darbringung hervor. אשר לא צוה אותם daß Gott sie ihnen nicht gebeten hatte. Wären die einzelnen Momente des Opfers selbst nicht, wie wir gesehen, verboten gewesen, es genügte, daß es ein nicht gebotenes war, um es zu einem verbotenen zu machen. In dem ganzen Opferdienst des Gesetzheiligtums ist dem subjektiven Beliebe, kein Raum gestattet. Selbst die קרבנות נדבה, die  freiwilligen Opfer,  haben sich mit Entschiedenheit innerhalb der dafür vorgeschriebenen Grenzen und Formen zu halten. Denn קרבת אלקים, Gottes Nähe und Annährung zu Gott, die mit jedem קרבן gesucht wird, ist nur auf dem Wege des Gehorchens, des Eingehens, in den göttlichen Willen und der Unterordnung unter denselben zu finden. Es ist dies eben ein Punkt, in welchem Judentum und Heidentum bis zu vollendetem Gegensatz auseinander gehen. Das Heidentum sucht mit seinem Opfer die Gottheit sich der Erreichung seiner Wünsche dienstbar zu machen. Das jüdische Opfer will mit dem Opfer den Opfernden in den Dienst Gottes stellen, will ihn mit seinem Opfer der Erfüllung der göttlichen Wünsche dienstbar machen. Alle Opfer sind daher Formeln göttlicher Anforderungen, die der Opfernde mit seinem Opfer zum Normativ seines künftigen Verhaltens macht. Selbstersonnene Opfer wären daher eine Tötung der Wahrheit, die eben durch Opfer Herrschaft über den Menschen gewinnen soll, diesen eben willkürlichen Subjektivismus als den Stuhl der Herrlichkeit zurechtstellen wo Gehorsam und nur Gehorsam einen Thron erbaut finden soll. Wir begreifen den Tod der Priesterjünglinge, und ihr Sterben im ersten Weihemomente des Gottesheiligtums ist für alle künftigen Priester dieses Heiligtums die ernsteste Warnung, schließt von den Räumen des Gottesheiligtums, das ja nichts anderes als das Heiligtum seines Gesetzes sein soll, jede Willkür und jedes subjektive Belieben aus! Nicht durch Erfindungen gottesdienstlicher Novitäten, durch Zurgeltungbringung des göttlich Vorgeschriebenen hat der jüdische Priester seine Wirksamkeit zu bewähren.

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