Samson Raphael HIRSCH
(1808-1888)
PURIM (פורים)
Chaurèw Kap.34
§ 247a
Begebenheit ist klar. Sie liegt ausführlich in dem uns überkommenen Vermächtnisse der beiden Hauptpersonen, Mordochai und Esthér, in מגלת אסתר vor. Schwarze Tücke sehen wir, Privatrache zu befriedigen, über das Leben vieler tausend äußerlich hilflos Preisgegebener würfeln; den selbstsüchtigen Zweck geschickt unterm Schein des Eifers für des Staates Wohl verhüllen; dazu die harmlose Gesondertheit Jissroéls aus dem Staats-Endzweck gefährlich schildern; und schon der Erreichung ihres verruchten Anschlages sicher. Gegenüber jene Hilflosen, nichts habend als ernste Prüfung bisherigen Lebens und Rückkehr zu Gott; ängstlich harrend des schrecklichen Tages, der ihnen allen Untergang droht; auf Gott allein hinblickend, ob er wohl noch das Schreckliche abwenden werde; und nach menschlichen Kräften nur noch den einzigen Weg gerader Vorstellung und Bitte versuchend. Und über beiden unsichtbar Gott, längst schon vorbereitend die Heilung vor dem Schlage; Folgen der Menschentat zu seiner Weisheit Zweck verknüpfend Langeweile einer schlaflosen Nacht dem Könige Aufwallung eines Augenblicks in des Königs Brust und abgewendet der Schlag von den Hilflosen, nur Gott habenden, zurückgeschleudert der fein berechnete, Verderben tragende Blitzstrahl aufs Haupt der Urheber; und wehrloses Jissroél zur selbständigen Verteidigung seines Lebens berufen zum Licht und zur Freude aus der Gefahr hervorgehend, die Nacht und Verderben gedroht.
Da wurden die Tage solcher Errettung zum ewigen Zeitdenkmal für Jissroéls Zerstreute, auf daß sie die Kraft behielten in dem festen Vertrauen: Gott, der sie hinausgewiesen in die Wanderschaft unter Völker, wache auch unsichtbar über sie, und mache zu Schanden, was selbstsüchtige Bosheit an List und Ränken gegen sie schmieden möge. Das Schwache Ja-akauw sei stark in dem unsichtbar wachenden Gott.
War hier leibliches Leben bedroht und leibliches Leben errettet, so stellt sich auch die Purimfeier dar, neben öffentlichen Vorlesen jenes die Begebenheit verewigenden Vermächtnisses, in Festmahlen, gegenseitigen Genussgeschenken und Bedenken der ärmeren Brüder. Gleichsam frohes Innewerden des wiedergeschenkten Lebens, in diesem Freudengefühl das Gesamtbrudergefühl gegenseitig erneuernd, und ihm in Erheiterung der Ärmern Raum gebend.
§ 248
Feier: Am 14ten Ador, nachts und am Tage, wird die Begebenheit in Mgilass Esthér (מגלת אסתר) gelesen. Nichts geht dieser Pflicht vor, ausser ein im Freien unversorgt liegender Toter ( א"ח687). Jedes Glied der Ja-akauw-Familie ist verpflichtet, nachts und tages Mgilloh zu lesen oder zu hören. Wo möglich trage einer in Versammlung sie vor und alle vernehmen sie aus seinem Munde (689). Sie werde ganz vorgelesen aus vorliegender nach Vorschrift verfertigter Abschrift der מגלת אסתר. Aus nicht nach Vorschrift verfertigter kann wohl zugehört, nicht aber mit- geschweige vorgelesen werden. Sie werde als eine Vermächtnisschrift aus jener Zeit gelesen (690). Über das Vorlesen, den Gottesdienst u.s.w. siehe (690 694) Mindestens zwei Gaben an zwei Bedürftige sollst du am Purim geben (694). Das eigentliche Freudenmahl für Purim sei am Tage. Eben so werden auch am Tage mindestens einem Freunde zwei Geschenke an Festspeisen geschenkt (695) Am Purim wird kein unnötiges Werk verrichtet, keine Trauerklage, kein Fasten veranstaltet (696) Alles nähre siehe (697, 698).
§ 249
Also, wenn Missbrauch der Gewalt zur Ertötung des Jissroél eigentümlichen Lebens, oder verschlagenes Benutzen der Eigentümlichkeit Jissroéls zum Vorwand für Ausführung von Plänen der Gewalt, die beiden schreckendsten Erscheinungen sind, die Jissroél auf seiner Wanderung durch die Zeiten bedrohen: so stehen Chanuckoh und Purim am Eingang dieser Wanderung wie Feuer- und Wolken-Säule und mahnen uns: treu zu bleiben allen Pflichten, treu dem Jissroélberufe, treu dem Lande und Fürsten, die uns aufgenommen und dann auf Gott zu blicken und weder Gewalt noch List zu fürchten.
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Samson Raphael HIRSCH : Chauréw, Versuche über Jissroéls Pflichten in der Zerstreuung, zunächst für Jissroéls denkende Jünglinge und Jungfrauen. Vierte Auflage Frankfurt a.M. Verlag J. Kaufmann 1909
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