Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH
(1833 – 1900)
הפטרת פרשת בהעלתך
Aus seinem Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Behalos’cho
Sacharja, Kap. 2, Vers 14 und folgende
Kap.2,
V.14 u.15 Weit über die Zeit des zweiten
Tempels hinaus schauen diese Verse auf jenes Ziel der Geschichte hin, da
Jissroél und die Völker durch Lehre und Geschick geläutert sind, und nunmehr
die huldigende Unterordnung unter den Willen Gottes den heilbringenden Einzuge
der Gottesherrlichkeit in den Kreis der Menschheit die Bahn geebnet ist. Da
wird nun der „Tochter Zions“, dem in Wahrheit vom Zijaunsgeiste beseelten
menschheitspriesterlichen Jissroél verheißen, daß es auch in jener Zeit seine
besondere Bedeutung bewahren, ja gerade dann in erhöhtem Maße sichtbare Stätte
der segnenden Gottesnähe sein wird. – בא,
in diesem Sinne von dem Einzuge Gottes in die Verhältnisse der Menschen, vergl.
5 B.M. 33,2: ה' מסיני בא ferner, Habakuk 3,3: 'אלה מתימז יבא וגו, Ps. 24,7: שאו וגו' ויבוא
מלך הכבוד Jeruscholajim- Zijaun ist der Herzpunkt des Menschheitspriestervolkes,
von dem die Erleuchtung und Heiligung der um sich sammelnden Menschheit
ausgehen wird.
V.16 ונחל
ה' את יהודה חלקו: Juda, der führende Stamm, hier für
ganz Jissroél. Was einst Moses erfleht: ונחלתנו
2 B.M. 34,9, das wird dann erfüllt sein, Jissroél wird Gottes נחלה
geworden sein, auch Jeruschalajims Leidensgeschichte ist vollendet: ובחר
עוד בירושלים
Kap.3
V.1 ויראני וגו' Zwei Männer sehen wir an der Spitze des
Volkes, unter ihnen Beiden soll der Bau ausgeführt werden: Josua, den
Hohenpriester, den Vertreter des Geistes, der Lehre und des Gesetzes, und
Serubabel, den Mann der Tat, der Ausführung. Der Augenblick, in welchem
Sacharja sie schaute, lag noch vor dem Beginn des Werkes. Josua „stand“ noch,
und auch vor Serubabel „türmte sich noch ein Berg“ (Kap. 4,7), er hatte wohl
die Aufgabe, trug die Bestimmung, aber er war noch nicht tätig. Auch der Engel
Gottes, der bestimmt war, Josuas werk zu fördern, „stand gleichfalls noch“, war
noch nicht tätig. Was war die Ursache ihrer Untätigkeit? Weil an Josuas
„Rechten“, dem Organe seiner Wirksamkeit, noch ein „Hindernis“ war. Während das
sich der Wirksamkeit Serubabels, des Fürsten, entgegengestellte Hindernis als
„Berg“, das Bild für materielle Schwierigkeiten, bezeichnet wird, wird das
Hemmnis der hohenpriesterlichen Wirksamkeit שטן
genannt. שטן, verwandt mit שטה,
abweichen, zur Seite weichen, bezeichnet das Hindernde, Widerstrebende als
dasjenige das den Menschen vom geraden Wege ab und auf einen andern hinlenkt.
Die Weisen bezeichnen als יצר הרע, die mit dem
Geiste vermählte sinnliche Natur des Menschen. Diese erreicht die ihr vom
Schöpfer gegebene Bestimmung nur, indem sie vom Geiste beherrscht wird. Nach
dem tiefen Worte des Weisen klagt sie den Menschen an, der sich von ihr
verführen läßt. Denn nicht ihn zu beherrschen, sondern von ihm beherrscht zu
werden, ist ihr „Verlangen“ (תשוקתו, vergl. 1
B.M. 3, 16 und 4,7). So bildet dieser שטן,
diese Verkörperung der Sinnlichkeit, den geraden Gegensatz zu dem, was in
anderen Vorstellungskreisen unter dem Worte „Satan“ verstanden wird. Also: die
Sinnlichkeit, die, unbeherrscht, der Erreichung der hohen Menschenbestimmung
hinderlich, und deren Vorhandensein gleichwohl für die Lösung unumgänglich ist.
Denn hätte das Böse nicht auch Reiz, so wäre die Übung des Guten keine Tugend.
– Demgemäß hier: Jehoschua „stand“ noch, denn die Sinnlichkeit, die noch im
Volke, ja in seinem eigenen Kreise herrschte, stand der Entfaltung seiner
Tätigkeit hindernd im Wege.
V.2. יגער
ה' וגו' ויגער ה' בך הבוחר בירושלים. Gott wird dich
zurückschrecken – Gott, selbst abgesehen von seinen Beziehungen zu Jerusalem,
in seiner den Menschen zur Reinheit erziehende Liebe, wird die Hindernisse aus
dem Wege räumen, die Josua noch im Wege sind. Ganz besonders aber wird dieses
tun im Hinblick auf die besondere Bestimmung Jerusalems, Stätte der „offenbar
sichtbar werdende Gottesherrschaft“ zu ירושלים,
also: mit Rücksicht auf die Heileszukunft sowohl der Menschheit als Jissroels.
Denn dieser Jehoschua und der durch ihn in der Treue zu erhaltende
Jissroelskern ist ja ein „Feuerschürer“, der „aus dem Feuer gerettet ist.“ Es
ist ja nicht bestimmt vom Feuer verzehrt zu werden, das er vielmehr entzünden
und anfachen soll.
Kap. 4,
V.1 Das Auge des Propheten wird wieder auf seine Gegenwart zurückgelenkt. Ihm
wir die siebenarmige Leuchte des Heiligtums gezeigt, gezeigt wie sie selbst
Träger der reichen Ölquelle sei und wie jedem ihrer Lichter das lichtnährende
Öl in reichem Maße, in je sieben Röhren, zugeführt werde. Und auch die Bäume,
an denen die Ölfrucht reifte, trug sie selbst. Also eine Leuchte, die,
unabhängig von allem anderen, alles was sie zum Leuchten braucht, selbst trägt
und erhält. Auf die wiederholte Frage, was dieses Leuchte bedeutet, nachdem ihm
zuvor (V.5) mit leisem Vorwurf der Engel erwidert, ob er denn die Bedeutung noch
nicht auf den ersten Blick begriffen habe, wird ihm (V.6) die Antwort: זה,
dieses, – diese Leuchte, die alles, dessen sie zum Leuchten bedarf, selbst trägt
und erzeugt – : ein an Serubabel, den Führer des Volkes, gerichtetes Gotteswort
ist es, ihm zu sagen: das Werk, zu dessen Vollbringung du berufen, der Bau, zu
dem hier der Grundstein gelegt wird und an dessen idealer Vollendung alle
kommenden Geschlechter zu arbeiten berufen sind, – nicht durch Heeresmacht und
nicht mit Körperkraft wird er gefördert, sondern: durch „meinen Geist’. Jeder
Menschenkreis und jeder einzelne Mensch, und wäre er äußerlich der winzig
schwächste, sobald er sich mit meinem Geiste durchdringt und damit sich in den
Dienst der Gerechtigkeit, der Liebe und der Lebensheiligung stellt, ist
riesenstark in Vollbringung seines Werkes. Da es mein Geist ist, der ihn
beseelt, und mein Werk, an dessen Verwirklichung er arbeitet, so lenke ich auch
als ה' צבאות die in meinem Dienste stehenden
Schöpfungsscharen und Kräfte, daß sie seinem Wirken Förderung gewähren, gebe
ihm „Gehende und Führende unter den Stehenden.“
Darum:
V.7 weil
nicht materielle, sondern geistige und sittliche Kräfte die zur Vollendung
dieses Baues berufenenen sind, gibt es
auch keine materielle Hindernisse, die sich dieser Vollendung entgegenstellen
könnten. Auch die gewaltigsten feindlichen Mächte, auch die „bergeshoch“ sich
entgegenstürmenden Schwierigkeiten – der geistig-sittlichen, der göttlichen
Macht gegenüber schwinden sie in nichts zusammen. Dieser Geist ist es, der den
Bau, zu dem jetzt der Grundstein gelegt wird, zur Giebelhöhe der Vollendung
führt, denn reichste Fülle der göttlichen Begnadung ist ihm gesichert – Die Verdoppelung
des חן drückt die Allseitigkeit aus.
(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 416 -423 Kommentar zu Sacharja Kap 2 V.14…)
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