woensdag 29 mei 2024

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH Aus seinem Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Behar

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH

              (1833 – 1900)


בהר

 

Aus dem Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Behar

 

 

Jeremias, Kap. 16, Vers 19 und folgende

 

Die Sidra enthält die große Geschickesoffenbarung, die sich an uns vollziehen werde, je nach der Gott und seinem Gesetze zugewandten Treue oder Untreue. Das Prophetenwort entströmt einem Manne, der Zeuge der großen Katastrophe, des Untergangs von Tempel und Staat war.

Jedoch ist es nicht ein Wort der Klage, das uns entgegentönt, nicht der auf den Trümmern Jerusalems klagende Prophet ist der Jeremias, dessen Wort wir hier vernehmen. Es ist vielmehr der über die trübe Gegenwart hinausschauende, von schwellendem Hochgefühl erfüllte nationale geistige Heros.

Wohl schaut er alle Kämpfe, alle Verfolgungen, denen sein Volk ausgesetzt sein wird in der Flucht der Zeiten, aber er schaut auch, wie das äußerlich Unterdrückte in Wahrheit der Sieger, und wie die Erhaltung des aller sonstigen Stützen beraubten, nur von Gott getragene Jissroél eine so laute Verkündigung der Wahrheit des von ihm getragenen Gotteswortes sein werde, daß den Völkern endlich die Binde von den Augen sinken und sie erkennen werden, daß von allen Überlieferungen ihrer Väter nur das aus dem Judentum stammende Wahrheit, alles andere Lüge sei.

Kap.16, V.19 אך שקר נחלו וגו' Rückwärts schauend werden die Völker zur Erkenntnis kommen, daß das, was ihre Väter von deren Väter ererbt und auf sie weiter überliefert hatten, Lüge war. Es gibt Traditionen des Wahns. Der bekannte Lessing’sche Satz, daß ein Jeder berechtigt sei, den Überlieferungen seiner Väter zu folgen, ist nur in dem Sinne zulässig, daß jeder den anderen zu dulden habe, keiner sich das Recht anmaßen dürfte, zu bestimmen, was der andere für wahr halten solle. Objektiv jedoch birgt der Satz die Verneinung der inneren Wahrheit aller Überlieferungen. Denn wenn es eine Wahrheit ist, daß  a = a ist, so kann es nicht gleichzeitig eine Wahrheit sein, daß a = nicht a sei. Hier aber wird die feste Zuversicht aus Jissroéls Seele ausgesprochen, die Wahrheit, auch wenn Jahrtausende mit Feuer und Schwert verfolgt, werde endlich als Wahrheit, und der Wahn, auch wenn Jahrtausende mit Schwert und Feuer behauptet, werde endlich als Wahn erkannt werden.

ואין בם מועיל Sie werden es erkennen, daß ihre Traditionen außer Stande sind, ihren Bekennern das Heil zu begründen.

V.20 היעשה לו אדם אלהים. Denn wie könnten Menschen sich Götter machen, da sie doch selbst nicht Götter sind! „Das ist der Riss in die Binde, die seit Jahrtausenden die Augen der Menschen gefangen hält. Ist ja die Binde nichts anderes, als der Wahn, es habe der Mensch sich seinen Gott zu produzieren! Es könnte der Mensch, es könnten die Menschen, es könnte die Menschheit in Allvereinigung, wenn sie nur ihre besten geistigen und materiellen Kräfte einig zusammentäten, sich eine ewige Stütze ihres Daseins, sich einen ewigen Träger ihrer Wohlfahrt, sich den Gott ihres Seins und ihres Heiles schaffen! Diesen ihren Gott sucht die Menschheit, seitdem die Pforten des Paradieses hinter ihnen zugefallen, und sie die Stimme Gottes nicht mehr wandeln hört in dem von Ihm für sie gepflanzten Eden. Diesen Gott sucht der Wilde in seinem Fetisch, sucht der Heide in seinem Bilde, sucht der moderne europäische Denker in dem Prinzipe, auf welches er das schwanke Weltenheil dauernd gründen möchte. Alle vergessen sie, daß nur ein Gott Götter zu schaffen vermöchte, vergessen, daß sie selber nicht Götter, selber nur beschränkte Geschöpfe deß seien, der sie und die Welten schuf, daß die Welt längst vor ihnen und ohne ihnen geschaffen dastehe und alles Weltenheil nur dauernd auf den zu gründen sei, der die Welt und sie geschaffen.“      Jeschurun III. S.550 f. Wir verweisen auf die dort gegebene Erläuterung dieses Kapitels.

V.21 בפעם הזאת Dieser welthistorische „Schritt“ ist die Zerstörung von Staat und Tempel und die Erhaltung des jüdischen Volkes. In dem einen offenbart sich die Gerechtigkeit, in dem anderen die Liebe und Gnade übende Gotteswaltung; Je wird hier ידי, diese גבורתי genannt. In charakteristischem Gegensatz zum Heidentume, das in der Schrecken einflössenden Göttermacht das Hauptattribut ihrer Größe findet, begreift die jüdische Wahrheit gerade das Sein und Kraft spendende, gnadenreich erhaltende Liebeswalten Gottes als eigentliche Offenbarung der göttliche Allmacht. Was jene Rechtswaltung der יד ה' lehrt, wird unten V. 5-8 ארור הגבר וגו', was die Liebeswaltung der göttlichen Allmacht, גבורת ה', lehrt, wird V. 7-9,   ,ברוך הגבר וגו'ausgesprochen.

Kap.17, V.1 חטאת יהודה וגו' ולקרות מזבחותיכם Eigentümlicher Weise haben die Erklärer durch Übersehen oder missverständliche Auffassung des כם- , während bis dahin in der dritten Person gesprochen wird; sich das Verständnis des tiefen Sinnes dieses Verses verschlossen. Der Gedanke ist: Nichts ist so bekannt und wird mit solcher Beflissenheit stets aufgefrischt, wie das Sündenregister der „verdammten Juden“. Und dennoch  verdanken die Menschen alles, was sie von Gott und von dem Verhältnisse des Menschen zu Gott, also von dem eigentlichen Menschenwesen und der ewigen Menschenbestimmung wissen, nur „euch“, sind sie für alles dieses hingewiesen auf die Wahrheit, die von der Höhe eurer Altäre strahlt.

V.2 כזכר בניהם מזבחתם וגו'. Dieses „ihre Altäre“ steht im Gegensatz zu den eben genannten „euren Altären“. Wenn ihre Enkel einst zurückschauen und die Väter ihrer Vorzeit an den Götteraltären des Wahnes und eines entsittlichenden Kultus knien sehen, dann ragst du, Juda, ihnen in deiner Einzigkeit einsam empor, steht ihnen da wie ein aus unbekannten Höhen herabgestiegener Bewohner der Berge, der freilich fremdartig absticht gegen all das Leben, das in der Ebene sich entfaltet, der kein Teil nimmt an all dem Üppigen, das in der Ebene blüht, in dem aber ein Höheres, Frischeres, Gesünderes, Ursprünglicheres weht. Bist freilich arm an Allem, was dort in der Ebene gilt! Deine Heere sind gefallen deine Schätze sind geplündert, du bist tief hinabgesunken – nichts ist dir von deiner früheren Größe in die Niedrigkeit gefolgt als – dein eigentliches, dein geistiges Erbe, das dir Gott gegeben. Es hast du mit hinausgerettet aus dem Zusammensturz deines übrigen Glückes und mit diesem deinem geistigen Schatz in Busen tratest du in Knechtesdienst bei deinen Feinden, auf daß du überall das Gotteswort der Erlösung bringest  und die Menschen durch dich die Wahrheit lernen:

V.5. ארור הגבר וג, Fluch blüht so lange auf Erden, als die Menschen auf Menschen bauen, nur in dem Schaffen des Menschen ihren Träge erblicken und sich nicht fest und einzig an Gott anklammern.

(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 230 -234 ) 

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