dinsdag 14 mei 2024

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH Aus seinem Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Kedauschim

 


Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH

              (1833 – 1900)

 

הפטרת פרשת קדושים

 

Aus dem Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Kedauschim

 

Amos Kap.9, V.7

 

Die Sidra enthält die höchsten Ziele für die individuelle und nationale Lebensheiligung. Das Prophetenwort tritt zunächst denen entgegen, die eine jede Verpflichtung zum Gehorsam gegen das Gesetz Gottes von sich zu weisen versuchen. Es erinnert dem gegenüber daran, wie kein Mensch und kein Volk sich der Verantwortung vor Gott entziehen könne und wie auch in dem Geschicke der anderen Völker Gottes Hand walte. Es erklärt sodann, wie in dem Geschicke, das über das seiner Bestimmung nicht entsprechende Jissroél sich vollziehe, scharf geschieden werde zwischen dem Staate und dem Jakobshause. Jener, der grundsätzlich in feindlichem Gegensatz gegen Gottes Gesetz befindliche, sowie alle grundsätzlich auf seinen Boden Stehenden gehen zu Grunde. Das jüdische Haus jedoch soll gerade durch die Geschickesstürme gerettet werden. Dann wird auch das Heiligtum in ungeschmälerter alter Herrlichkeit wieder erstehen, und für Jissroél und für die Menschheit, die der von Jissroél gebrachten Wahrheit huldigend sich erschließt, die am Anfang der Geschichte verheißene Zeit der Paradiesherrlichkeit auf Erden anbrechen.

Kap.9,V.7 הלוה כבני כשיים וגו' Selbst wenn ihr nicht Juden wäret, hinget es nicht von euch ab, festzusetzen, was gut und was böse sei. Nicht bloß der jüdische Mensch ist Gott verantwortlich und kann sich dieser Verantwortung  nicht entziehen. Ihr gehört doch mindestens ebenso mir an wie der letzte Äthiopier. Und nicht bloß in eurer Geschicke habe ich mich offenbart, sondern meine Hand waltet gestaltend und erziehend  auch in der Geschichte der anderen Völker, als deren Vertreter hier die Philistäer und Aramäer  genannt werden.

V.8 אדני וגו': Gott im Verhältnis zum Propheten, „der mich sendet“, und der seine Liebe als waltende Gerechtigkeit offenbart. Seht, er ist im Begriff euch zur Rechenschaft zu ziehen. Seine Augen, d.i. seine strafende eingreifende Waltung, ist gegen das grundsätzlich der Sünde verfallene Reich, gegen den Staat gerichtet, die vernichte ich, das Jakobshaus jedoch wird nicht bedroht,

V.9 es soll vielmehr gerettet werden, die Fortdauer des Staates würde es mit dem Untergange bedrohen, der Untergang des Staates ist der erste Schritt zur Rettung. Durch den Sturm der Verhängnisse läßt Gott das „Haus Jissroél“ durch alle Völker getrieben werden, ohne festen Halt auf Erde ist es scheinbar allen Wettern, allem Völkerwüten preisgegeben.  Doch unsichtbar ist es wie von einem Siebe umfangen. Nur was sich vom Kern ablöst, fällt als Staub zu Boden.  Was treu und fest zum  Kern hält, bleibt erhalten.  So haben diese Stürme nur die Sichtung, die Scheidung der Spreu vom Korne zum Ziel. צרור von צרר, zusammendrängen, hier von dem stofflich concentrierten Kerne im Gegensatz zur leichten Spreu. Gewiß ist es schmerzlich, wie viele in den Stürme des Exiles verloren gehen: jedoch in Wirklichkeit fällt nichts zu Boden, was treu zum „Kerne“ sich hält denn:

V. 10. durch das „Schwert“, nämlich die Leiden des Exils, gehen zu Grunde nur die חטאי עמי, die prinzipiell dem Heiligtum Feindlichen, die die vergeltend waltende Vorsehung in den Geschickesfügungen leugnen und überhaupt die Lenkung der Geschichte durch Gott als Ammenmärchen verspotten und höhnend sagen: „Was kommen soll, kommt doch, und um unserer Sünden willen kommt das Unglück uns kein Haarbreit näher als anderen und keinen Augenblick früher.“

V. 11.  :ביום ההוא„An jenem Tage“ wenn der Kern der Nation mir gewonnen und „das Korn von der Spreu geschieden“ sein wird, wenn die Stürme des Exiles ihr Läuterungswerk vollbracht haben werden, richte ich die „Hütte Davids“, das Heiligtum wieder auf, das, in bedeutungsvollem Gegensatz zu der V.8 genannten ממלכה החטאה , als eine jeden Stolz  und jede Königspracht verschmähende bescheidene „Hütte“ bezeichnet wird. הנופלת: Jene Wiedergewinnung und diese Wiederaufrichtung wird aber sich vollziehen zu einer Zeit, wo nach kurzsichtigem menschlichen Ermessen dies Heiligtum, die ‚“Hütte Davids“, im Einsturz begriffen, der Verwirklichung des Gottesgesetzes jede Zukunft abgeschnitten erscheint. Der Sprößling aus dem Davidshause, das Reis aus dem Isaistamme, der Messias, auf den wir hoffen, wird deshalb auch in diesem Sinne בר נפלי, als der zur Zeit des hoffnungslosesten Verfalles Erscheinende bezeichnet. Diese Bezeichnung hat von den beiden Jesajas 60,21 angedeuteten Möglichkeiten der Erlösung diejenige im Auge, die dort als die  בעתה und  מעשה ידי bezeichnet wird, wie wir das in der Haftora zu כי תבוא zur Stelle ausgeführt haben,  auf die wir hier verweisen. – 

...

V.12.  :למען יירשו וגו'Das Subjekt ist der durch die mächtige Schwinge der Exilesstürme herausgeschälte edle Kern des jüdischen Volkes, das wahrhafte Israel-Haus. Dem Erben fällt nur das zu, was der andere fahren läßt, so wird, nicht etwa der Judenheit, sondern der von dem Hause Israel durch die Zeiten getragenen Prinzip, dem in seinem Wesen erkannte Judentum, das identisch ist mit dem vollendeten Menschentum, die Erde zufallen.  Als Repräsentant der Völker ist Edom genannt, der Typus der auf Gewalt gegründeten und alle geistigen und materiellen Vermögen skrupellos nur in den ausschließlichen Dienst des eigenen Interesses stellenden Staatengrößen.  Alle Principien, denen bisher gehuldigt worden, werden in ihrer Nichtigkeit erkannt worden sein, und was von Edom übrig geblieben sein wird und von allen Völkern, über die dann „mein“ Namen genannt wird, wird dann der Herrschaft des vom Gottesworte gelehrten Lebenspflicht-Ideales in Verwirklichung der Sittlichkeit, Gerechtigkeit und Nächstenliebe freudig huldigend sich unterordnen.

An der  Herbeiführung dieses in ferner Zukunft winkenden Zieles arbeitet Gott bereits jetzt.  Alle Fügungen in der Geschichte der Menschheit stehen im Dienste der Verwirklichung dieser Verheißung.  Auf die Erziehung des jüdischen Volkes bezogen, spricht sich dieser Satz dahin aus: Der erste Schritt ins Exil ist der erste Schritt zur Erlösung.

...

V. 15 ... – אמר ה' אלהיך: Dies alles sind Verheißungen dessen, der „dein“ Gott ist, schließt das Prophetenwort und ruft mit scharfer Wendung in direkter Anrede es eindringlich jedem jüdischen Geschlechte einer jeden Zeit zu, daß Gott es in die Hand eines jeden gelegt und ausnahmslos jeden berufen habe, durch Selbstveredlung und volle treue Erfüllung der Lebenspflicht an der Herbeiführung dieses Ziele seines bescheidenen Teiles mitzuarbeiten. “

 

(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 215 - 220  Kommentar zu Amos Kap 9 V.7…) 

 

 

Aus dem Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Kedauschim

(Minhag Italiener und Sefardim)

 

Ezechiel, Kap. 20, Vers 1 und folgende

 

Mag diese Haftora zu אחרי מות oder zu  קדושיםgewählt sein, also zu der Sidra die die Weihehandlungen enthält zur ewigen Frischerhaltung des jüdischen Lebensideales und die Grundgesetze, die die Vorbedingungen bilden zu seiner Erreichung, – oder zu der Sidra, die die Grundzüge dieses Ideales selbst enthält: in beiden Fällen zeigt das Prophetenwort den vollendeten Gegensatz, in dem von Anfang an das Volk der göttlichen Erwählung zu den Gesetze sich befand, dessen Wahrheiten es als Gottesherold der Menschheit zu bringen berufen ist. Es zeigt, wie dieser Gottesbote erst selbst dazu diesem Gesetze und von diesem Gesetze zu erziehen war und ist. Es zerstört damit aber für uns, das Galuth-Jissroél, auch die Wahnvorstellung von einer „guten alten Zeit“, als ob es jemals einen Zeitraum gegeben hätte, in dem das Gottesgesetz dauernd seine volle Verwirklichung bereits gefunden hätte. Der Eintritt des Exiles lehrt, daß dem nicht so war, daß Jissroél während der Zeit seiner Selbständigkeit nicht seiner Bestimmung entsprach, und die Fortdauer des Exils ist der sprechendste Beweis dafür, daß das Gotteswort noch immer seiner vollen Verwirklichung harrt. Das Judentum ist keine Lehre der Vergangenheit, vielmehr gehört die Zukunft dem Judentum. Und daß Gott sich zum Träger seines Wortes gerade den zähesten, widerstrebendesten, zu steter Auflehnung bereiten Volksstamm erwählt, und um seiner menschheitspriesterlichen Sendung, „um meines Namens willen“ ihm so oft vor verdientem Untergang geschützt hat, um in seiner Unterwerfung zuerst sein Wort den ersten Sieg erringen zu lassen –: das lehrt eben dieses Prophetenwort uns, die wir bereits auf Jahrtausende dieser noch andauernden Erziehungsgeschichte zurückblicken können.

 

(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 220 - 221  Kommentar zu Ezechiel Kap 20 V.1…) 

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