dinsdag 23 januari 2024

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Beschalach


Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH

          (1833-1900)

 

Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Beschalach

 

Richter Kap.4, Vers 4….

 

“Die Geschichte Jissroéls zur Zeit der Richter ist die Geschichte eines steten Wechsels von der Treue zum Abfall und vom Abfall zur Treue. Sie zeigt uns Jissroél, wie es in der Ungestörtheit des Genusses seines Landesbesitzes und seiner Selbständigkeit immer wieder die Eigenartigkeit seiner Bestimmung vergisst, vergisst, daß es die Freiheit und Landbesitz nur Gott verdanke und nur zur Verwirklichung seines Gesetzes von ihm empfangen habe. Dieses Gesetz steht in vollendetem Gegensatze und bringt den von ihm erzogenen Menschenkreis in vollendeten Gegensatz zu den Völkern seiner kanaanitischen Umgebung. Im Gegensatz zu deren sittlichen Entartung will es zur Selbstbeherrschung, im Gegensatz zur ihrer Selbstsucht will es zur Nächstenliebe, im Gegensatz zu ihrer Vergötterung der Gewalt will es zur unbedingten Unterordnung unter das Gebot der Pflicht erziehen. Jissroél aber hatten seine Bestimmung vollständig vergessend, „die Töchter der kanaanitischen Bevölkerung, in deren Mitte es lebte, zu Frauen genommen und seine eignen Töchter ihren Söhnen gegeben, und sie dienten ihren Göttern“. (Richter 3,5,6.) Da waren sie durch göttliche Fügung von schweren Verhängnissen getroffen worden. Zuerst vom Könige von Aram Naharajim acht Jahre ihrer Selbständigkeit beraubt, bei späterem Rückfälle achtzehn Jahre von Moab geknechtet, und sodann, nach achtzig Jahren der Selbständigkeit und ungestörten Glückes wieder in den alten Abfall zurückgesunken, hatten sie zwanzig Jahre die ganze Schwere erbarmungsloser kanaanitischer Unterdrückung und Vergewaltigung kennen gelernt. Dieselben Völker, deren Göttern Jisrael gedient, zu deren Kultur es in stupider Bewunderung aufgeblickt, mit denen es sich durch Verschwägerung hatte „amalgamieren“ wollen – der älteste Versuch jener Lösung der „Judenfrage“, die uns von unseren Freunden immer wieder so eindringlich empfohlen wird, hatte auch damals nur mit grimmen Hasse der also Umworbenen geendet! – dieselben waren damals wie später in Gottes Hand das Werkzeug, Jisrael durch Leidenserfahrung wieder zum Bewußtsein seiner selbst und damit zu Gott zurückzuführen.

Der damalige Unterdrücker hieß Jabin, seine Residenz war Chazor, und sein Feldherr Sissra hatte sein Stanquartier in Charoscheth Hagojim. – Sollte dieses „Charoscheth Hagojim“ wörtlich „Beschwichtigung“ oder richtiger intransitiv: „Schweigen der Völker“, vielleicht im Zusammenhange stehn mit den „neunhundert eisernen Kriegswagen“, den Schrecken des unterdrückten Jissroél (V.3), und dieser damalige Artilleriepark in köstlicher Naïvetät so als damalige ultima ratio regum, als probatestes Beschwichtigungsmittel der Völker zur Aufrechterhaltung der „Ruhe und Ordnung“ bezeichnet werden? – Um jede Auflehnung von vornherein unmöglich zu machen, um alsdann die empörendsten Misshandlungen wagen zu können, hatten sie alle Waffen confisciert: weder Schild noch Speer“, nicht Schutz- und nicht Angriffswaffe war „unter Vierzigtausenden Jissroéls zu sehen!“ (Kap. 5,4).

In dieser Not  aber wandte Jissroél sein Herz wieder zu Gott (V.3). In dem herrlichen Deborahliede, dieser Perle der Poesien aller Zeiten, wird uns ein Einblick eröffnet in die einzelnen Phasen dieser Erhebung. Wir sehen diesen von der weckenden und läuternden Macht der Not vorbereitenden Umschwung in den Herzen des Volkes langsam sich vollziehen. Er geht aus von dem treuen Kerne der Nation, den Männern des Gottesgesetzes. Lange jedoch hatten auch diese nur mutlos geseufzt und dem allgemeinen Abfall in tatenloser Trauer zugeschaut. Daß ihr Mut entflammt wurde, daß sie sich aus ihrer Untätigkeit aufrafften, daß sie es wagten, – während lähmender Schrecken das geknechtete Volk niederhielt, sodaß „die Wegen zu gehen hatten“ die Heerstrasse scheu mieden und nur „auf Umwegen und Seitenpfaden“ dahinschlichen, – furchtlos auf schimmernden Reittieren“ von Ort zu Ort zu eilen, sich als „die sich Weihenden“ zu bewähren, als die „Beschreiter des Weges“ mustergültig voran zu leuchten: das ist das unsterbliche Verdienst des herrlichen, von Gottesgeiste getragenen, von Begeisterung für sein Wort durchglühten Weibes, das die zagenden Männer beschämte, das mit seinem „Flammenworte“ ihren Mut entflammte, ihre Tatkraft stählte, das nach dem tief sinnigen Worte des Midrasch „die Dochte wieder herstellte für die Leuchte des Heiligtums“, das diesem Lichte wieder Träger schuf in Jissroél und so, wie es in seligem Hochgefühl von sich selbst es aussprach, in Wahrheit „als Mutter erstand in Jisrael!“ Nicht Baraks Schwert, Deborahs Geist, Deborahs Worte ward der Sieg.

Und ferner lehrt uns das Deborahlied, Daß nicht bei den oberen, sondern bei den unteren Schichten, nicht in den Reihen der „Gesellschaft“, sondern in denen des Volkes, und endlich nicht bei den Männern, sondern zuerst bei den Frauen mit der Rückkehr zu Gott auch das felsenfesteste Vertrauen und der entschlossene Mut und der feste Wille, nicht länger das Joch der Fremden zu tragen, sich mächtig regte und in Taten kundgab. „Zwischen den Schöpfbrunnen“, der Sammelstätte der friedlichen arbeitsamen Frauen, unter den wasserschöpfenden Frauen ward zuerst das Geräusch der Waffenanfertigung vernommen – (V.11). In diesem Umschwung und darin, daß gerade in diesen schlichten Volkskreisen die Erhebung ihren Ausgang nahm, darin erkennt das tiefblickende Auge der Prophetin das Walten Gottes, die mächtigste Offenbarung seiner Gnade, „der Gnade der von ihm über Jissroél verhängten Wehrlosigkeit. Denn „jetzt zogen sie hinab zu den Toren wiederum als Gottesvolk (Daselbst).


(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 120- 122  Kommentar zu Richter Kap 4 …) 

 

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