dinsdag 30 januari 2024

Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH: Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Jissrau (Teil 1)


Rabbiner Dr. Mendel HIRSCH

            (1833-1900)

 

הפטרת יתרו

 

Kommentar zur Haftoro des Wochenabschnittes Jissrau (Teil 1)

 

Jesaja Kap.6 u.7 und 9 V.5-6

Das Thorawort zeigte uns mit der Gesetzgebung am Sinai die Anbahnung des Wiedereinzuges Gottes in den Menschenkreis, zunächst in Jissroél. Es zeigte uns Jissroél berufen, „ein Reich von Priestern, ein heilig Volk“ zu werden durch Verwirklichung jenes Gesetzes, dem dann in seiner Mitte ein Heiligtum erstehen sollte, von dem aus, durch die in ihm zu vollziehenden symbolischen Weihehandlungen, an der Gewinnung Jissroéls für sein „menschheitspriesterlichen Beruf“ und an seiner Erziehung zu einem „heiligen Volke“ stets gearbeitet werden sollte, auf daß Gott, nicht in dem Heiligtume, sondern in des Volkes Mitte seine segnende Gegenwart dauernd bekunde. – Das Prophetenwort  zeigt uns Gottes Herrlichkeit diesem Heiligtume sich enthebend, in dessen Herstellung und in dessen allerdings mit exakter Pünktlichkeit vollzogenen Weihebehandlungen das betörte Volke die Summe seiner Verpflichtungen gegen das Gesetz erschöpft wähnte, dem es doch jede heiligende Einwirkung auf sich und auf die Gestaltung seines Lebens versagte, zu dem es sich vielmehr im Leben in ausgesprochenen Gegensatz gesetzt hatte. Sie hatten vergessen, daß, wie das Wort des Psalmisten (Ps. 68, 18) es ausspricht, אדני בם Gott nur dann und nur so lange in ihrer Mitte sei, als סיני בקודש, als der Altar im Heiligtume für sie die Bedeutung des Sinai habe, sie in den in ihrem Namen vollzogenen Opferhandlungen ihr נעשה ונשמע „wir wollen Deinen Willen vollbringen und stets auf ihn hinhören!“ wiederholten, das Feuer auf dem Altare das Symbol des אשדת sei,  des „Feuergesetzes“, das durch unsere Hingebung und durch die Hingebung alles Unsrigen seine Verwirklichung, seine „Nahrung“ finden will. Sich einen Menschenkreis zu schaffen, der, als erster im Kreise der Völkerfamilien, durch freie freudige Erfüllung seines als Gesetzeswort an den Menschen ausgesprochen Willens seinem ganzen Leben in allen seinen Verhältnissen das Gepräge der vollendeten edlen göttlich reinen Menschentums aufdrücke: dazu war Gott, wie es in dem Schlussworte des durch Moses überbrachten Gesetzes rückblickend heißt, „aus den Myriaden seinen Willen in unverbrüchlichem Gehorsam vollbringender Diener“ in Jissroéls Kreis eingegangen. Da Jissroél in seiner Mehrheit diesen Gehorsam beharrlich verweigerte, sah der Prophet, es war der Augenblick seiner Berufung, Gottes Herrlichkeit sich zurückziehen und schaute eben diese רבבות קודש, die Seraphim Seiner harrend, und vernahm ihren Ruf: קדוש קדוש קדוש וגו' die Verkündigung der Heiligkeit Gottes, und daß „die Fülle der ganzen Erde die Offenbarung Seiner Herrlichkeit sein solle.“

„Heiligt euch, so werdet ihr heilig werden, denn heilig bin Ich –“ und: „Heilig sollt ihr sein, denn heilig bin Ich, Gott, euer Gott!“ (3 B.M. 11,44 und 19,2) hatte Gott zu Jissroél gesprochen, und damit „Heiligkeit“, das ist kampflos freudiges stetes Bereitsein zur Erfüllung des göttlichen Willens als höchste Stufe der menschlichen Vollendung, und das והתקדשתם, die Selbstheiligung, die Selbsterziehung zu dieser Stufe als durch das Gesetz gegebene und ermöglichte Aufgabe ausgesprochen, durch freie Unterordnung unserer Sinnlichkeit unter das Gebot der Pflicht unser irdisches Teil selbst in das Bereich des Ewigen zu erheben. Bei diesem Rufe der Seraphim, der die ganze Erde als Offenbarungsstätte der Gottesherrlichkeit verkündete, sah der Prophet das Heiligtum in seinen Grundschwellen erbeben. Es war ja gerade bestimmt, die erste Vermittlung zur Verwirklichung dieser Gottesabsicht zu sein und ertrug deshalb den Ruf nicht, der den Gegensatz des ganzen Tempellebens zu dem von Gott durch es beabsichtigten Zwecke in seiner ganzen Schärfe hervortreten ließ. Zu gleicher Zeit sah er das Feuer auf dem Altar verlöschen: „das Haus wollte sich mit Rauch füllen.“

Da erfasst ihn tiefes, verzweiflungsvolles Weh. O daß ich verstummen muss! Daß ich dem verblendeten Volke nicht sagen kann, was ich geschaut! Ich fühle meine eigene Unzulänglichkeit, und mein Volk würde mich nicht verstehen. Die ganze Anschauungs- und Denkweise ist in dem Grade von der Verderbnis ergriffen, daß jede Verständigung ausgeschlossen ist. Die Worte haben einem andren Sinn, die Begriffe einen anderen Inhalt erhalten. – Da hält ihm der Seraph eine scheinbar erloschene Kohle vom Altare an die Lippen und lässt ihn fühlen, daß sie noch einen Glutkern berge, der nur des Hauches seines Mundes, seines Wortes harre, um wieder zur Flamme angefacht zu werden. In dem Augenblicke, da er dies begriffen, und vertrauensvoll und stark in den Dienst der Erhaltung und Belebung seines Mundes, seines Wortes harre, um wieder zur Flamme angefacht zu werden. In dem Augenblicke, da er dies begriffen, und vertrauensvoll und stark in den Dienst der Erhaltung und Belebung und Wahrung dieses heiligen Feuers sich stelle, werde seine eigene Unzulänglichkeit verschwunden sein. Jetzt vernahm er den Gottesruf, wer für die verlassene Gottessache auf Erden eintreten wolle, und jetzt erhob er sich und sprach das Wort des großen Ahnen: „הנני, ich in bereit, sende mich!“

Das erste Wort aber, das in seiner Sendung im Namen Gottes zu sprechen hatte, war ein lauter Kampfesruf gegen alle „geistlichen und weltlichen“ Machthaber in Jissroél. Er hatte an das im tiefinnersten Herzen der Nation nur schlummernde Volksgewissen zu appellieren und laute Anklage zu erheben, daß man das an sich empfängliche und für das Höchste befähigte, durchaus noch nicht unrettbar verlorene Volk verführe, es stumpf und unempfänglich, es blind und taub und „dadurch seine Heilung unmöglich“ mache!

Das war der erste scharfe Hauch, der den Glutkern vor dem Erlöschen bewahren sollte. – Doch zugleich ward ihm auf die Frage, wie lange dieser Zustand dauern werde, die jede auf einen unmittelbaren, durchgreifenden und sichtbaren Erfolg gerichtete Hoffnung niederschlagende Antwort: Die Rettung der Mehrzahl werde auch seinem Worte nicht gelingen, die vielmehr bis zur hereinbrechenden Katastrophe in ihrer Verblendung verharren werde. Der Rettung der jetzt unterdrückten treuen Minderzahl, daß nicht auch sie sich fortreißen lasse und verloren gehe, gelte seine Sendung, und diese Rettung werde gelingen. Wenngleich auch dieser treue Kern, „das Zehntgeweihte“, gleichfalls in einer langen Reihe seiner Geschlechter der läuternden Flamme ausgesetzt werden müsse, und auch von ihm viele Generationen abfallen werden, so sei doch die Zukunft sein, und er bilde den immer ersterbenden Stamm, der die Saat des Heiligtums, der Menschheitsheiligung, für alle Zukunft schützend in sich berge und so die Zukunft rettete

(Die Haftoroth übersetzt und erläutert, Frankfurt am Main 1896: S. 132- 134  Kommentar zu Jesaja Kap 6 …) 

 

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Rabbiner Dr.;Mendel HIRSCH Aus seinem Kommentar zur Wochenabschnitt Wajero:

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